Zum Hauptinhalt springen

Militärisch gescheitert

Im Wortlaut von Paul Schäfer,

Von Paul Schäfer, verteidigungspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

  Mit der Entsendung von 1200 Bundeswehrsoldaten begann am 22. Dezember 2001 die Beteiligung Deutschlands an der sogenannten Afghanistan-Stabilisierungsmission ISAF, begrenzt zunächst auf ein halbes Jahr und begründet mit dem Schutz von Menschenrechten, dem Aufbau von Demokratie und der Verteidigung deutscher Freiheit.    Zehn Jahre später ist die Bundeswehr noch immer am Hindukusch, jetzt mit gut 5000 Mann; Demokratie herrscht in Afghanistan vor allem auf dem Papier und die Menschenrechtslage ist weiter desolat. Beim Weihnachtsbesuch der Obleute des Verteidigungsausschusses im Bundeswehrfeldlager Camp Marmal wird von zunehmender Kriminalität berichtet, die Lage an der afghanisch-pakistanischen Grenze ist kritisch und die neuerdings mit ISAF verbündeten afghanischen Milizen wirken nicht besonders vertrauenerweckend.   Der Versuch, Afghanistan mit Waffengewalt zu befrieden, ist offensichtlich gescheitert. Das sehen die deutschen Wähler, deren anfängliche Zustimmung zu dem Einsatz sich längst in ihr Gegenteil verkehrt hat; das sieht auch die Bundesregierung – sie sieht es nur nicht ein. Unter dem Druck der Umfragen plant sie einen gesichtswahrenden Rückzug, kann aber von der Idee der militärischen Entscheidung nicht lassen. Noch immer herrscht das schablonenhafte Freund-Feind-Denken, noch immer gibt es die Idee, der Gegner sei zu besiegen – nur sollen das künftig nicht mehr in erster Linie NATO-Soldaten erledigen, sondern afghanische Regierungstruppen.   Am Grundproblem ändert das nichts, und einen Truppenabzug auf einen Idee zu stützen, die sich seit zehn Jahren als untauglich erweist, ist fahrlässig. Statt weiter auf militärische Entscheidungen zu setzen, sollte die Bundesregierung sich die in diesen Tagen häufig zu hörenden Weihnachtspredigten und Friedensbotschaften zu Herzen nehmen und daraus Lehren für ihre künftige Afghanistanstrategie ziehen. Konkret heißt das: Frieden kann nur durch Verhandlungen erreicht werden, und Verhandlungen brauchen einen Waffenstillstand. Statt Milizen zu stützen sind die friedensuchenden Kräfte der afghanischen Zivilgesellschaft zu stärken. Und statt Soldaten zu finanzieren, ist in den Wiederaufbau zu investieren.