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Mieterschutz muss vor Gewinnmaximierung gehen

Im Wortlaut von Heidrun Bluhm-Förster,


Heidrun Bluhm (r.)

 

Von Heidrun Bluhm, wohnungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

Eine schicke gut sanierte Wohnung in zentraler Lage ist ein begehrtes Gut. Wenn diese Wohnung dazu noch geringe Heizkosten verursacht, also energetisch saniert und auf dem neusten Stand der Technik ist, umso besser. Aktuell ist in den Städten und Ballungsgebieten aber zu beobachten, dass umfangreiche Sanierungen zum Vorwand genommen werden, langjährige und alteingesessene Mieter aus ihrer Mietwohnung zu verdrängen. Nach der Sanierung steigt die Warmmiete schlagartig um bis zu 100 Prozent. Damit wird mehr als deutlich: Das aktuelle Mietrecht reicht nicht aus, um Mieter ausreichend gegenüber den Forderungen der Vermieter zu schützen. Gewinnmaximierung und hohe Rendite geht oft vor Mieterschutz.

Das Mietrecht muss aber das Grundrecht auf die eigene Wohnung bewahren und exorbitante Mietsteigerungen verhindern, die gerade die Geringverdiener, Rentnerinnen und Rentner, Alleinerziehende, Arbeitslose und andere, aber immer mehr auch die durchschnittlich verdienende Mittelschicht überfordern. Nur so kann der Prozess der Gentrifizierung zumindest gestoppt werden, also die Verdrängung ärmerer Menschen und der Zuzug von Besserverdienern.

Für eine soziale Stadtentwicklung

Eine Durchmischung der Bevölkerung in der Stadt hält DIE LINKE wir für selbstverständlich. Wir sind der Meinung: Die Stadt gehört allen, nicht nur der wohlhabenden Bevölkerung. Das Recht auf eine bezahlbare, gut ausgestattete und vor allem sichere Wohnung ist ein Grundrecht. Wohnungen dürfen nicht als Spekulations- und Renditeobjekt betrachtet werden.

Klar ist auch: Energetische Modernisierung ist unverzichtbar, wenn die selbst gesetzten Klimaschutzziele noch erreicht werden sollen. Diese darf aber nicht zu Lasten der ärmeren Bevölkerungsschichten gehen. Die Kosten der energetischen Gebäudesanierung dürfen nicht dort abgeladen werden, wo sie die Menschen finanziell überfordern und in eine soziale Notlage bringen. Mit der Folge, dass diese Menschen gezwungen sind aus ihrer gewohnten Umgebung wegzuziehen. Die Politik ist dringend aufgefordert, diesen Prozess zu stoppen. Ghettos mit schlechter Infrastruktur an den Stadträndern und verwahrloster öffentlicher Raum für die Armen und "Gated Communities" für die Reichen – also abgeschottete Luxusappartements in schicker Umgebung – entspricht nicht dem Bild der behutsamen, sozialen Stadtentwicklung, wie wir sie uns vorstellen.

Aktuelle Erhebungen machen deutlich, wie die Mieten in fast allen Städten und Ballungsräumen explodiert sind. Das Forschungsinstitut empirica hat den Berliner Wohnungsmarkt statistisch ausgewertet: Demnach stiegen die "Angebotsmieten" in Berlin zwischen 2007 und 2012 um 40 Prozent. Und das bei stagnierenden Einkommen und steigenden Lebenshaltungskosten. In anderen Städten sieht es ähnlich dramatisch aus. Nackte Zahlen hinter denen sich tausende von Einzelschicksalen verbergen. Immer mehr Menschen droht Zwangsräumgen und damit existenzielle Not, weil die steigende Miete unerschwinglich wurde. Im schlimmsten Fall droht Obdachlosigkeit.

Modernisierung als lukratives Geschäft

Die Politik, wenn Sie nur wollte, könnte Mieterinnen und Mieter besser schützten. Doch das Gegenteil ist der Fall: Durch das Mietrechtsänderungsgesetz aus dem Jahr 2013 werden Räumungen auf die Straße bei Mietrückständen oder verspäteter Kautionszahlung erleichtert. Mietminderungen sind für die Dauer von drei Monaten bei energetischer Modernisierung ausgeschlossen. Schlimmstenfalls müssen Mieterinnen und Mieter Dreck und Lärm ertragen und dann danach doch ausziehen, weil sie die höhere Miete nicht bezahlen können. Auch die geplante Mietpreisbremse der Großen Koalition will die Modernisierungsumlage nicht anfassen. Auch zukünftig darf der Vermieter die Sanierungs- und Modernisierungskosten voll umfänglich auf die Miete umlegen. Jährlich sollen 10 Prozent statt zuvor 11 Prozent der Modernisierungskosten auf die Miete umgeschlagen werden. Damit wird eine Modernisierung für die Vermieter weiter ein lukratives Geschäft bleiben.

DIE LINKE fordert in ihren Wahlprogrammen und Anträgen im Bundestag dagegen seit Jahren: Energetische Sanierungsmaßnahmen sind nur dann duldungspflichtig, wenn durch die Maßnahmen für die Mieterinnen und Mieter keine unzumutbaren Härten entstehen und auch wirklich eine signifikante Energieeinsparung erfolgt. Was wir brauchen ist eine Kombination aus zielgenauer öffentlicher Förderung und mietrechtlichen Regelungen, die Mieterinnen und Mieter schützen und soziale Härten vermeiden. Die Entwicklung der Nettokaltmiete in den letzten Jahren verbietet ein einseitiges Abwälzen der Kosten für den altersgerechten und energetischen Umbau des Wohnungsbestandes auf die Mieterinnen und Mieter. Die Koalition aus CDU/CSU/SPD muss endlich anerkennen, dass es sich dabei um gesamtgesellschaftliche Aufgaben handelt.

 

linksfraktion.de, 16. April 2014