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Mahnende Stimmen offensichtlich unerwünscht

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DIE LINKE begrüßte in Berlin Menschenrechtsaktivistin Aminata Traoré und Umweltaktivist Many Camara aus Mali. Ein Europa-Visum für Oppositionspolitiker Oumar Mariko wurde verweigert.


Umweltaktivist Many Camara und Menschenrechtsaktivistin Aminata Traoré aus Mali am 18. April 2013 im Gespräch mit Gregor Gysi


Von Margret Geitner

SADI ist die einzige linke Partei in Mali, die die französische Militärintervention ablehnt. Oumar Mariko ist ihr Generalsekretär. Und offensichtlich unerwünscht in Europa. In dieser Woche war er gemeinsam mit zwei weiteren Maliern von der Bundestagsfraktion und der Rosa-Luxemburg-Stiftung nach Berlin und von der GUE/NGL nach Straßburg eingeladen. Aber er bekam kein Visum für die EU. Sollen damit kritische Stimmen unhörbar, ein linker Nord-Süd-Dialog verhindert werden? "Das ist ein Skandal", sagte der Fraktionsvorsitzende Gregor Gysi beim Gespräch mit Aminata Traoré und Many Camara: "Wir haben einen Brief an den Bundesaußenminister geschrieben und uns beschwert."

Aminata Traoré, Frauenrechtsaktivistin und ehemalige Kulturministerin Malis, und Many Camara, Soziologe und langjähriger Aktivist gegen den Uranabbau in Mali, halten die Visumsverweigerung für einen Akt der alten Kolonie Frankreich gegen Kritiker der französischen Mali-Politik. Auch Aminata Traoré, schon vielfach in Frankreich auch als Gast auf Konferenzen der dortigen PS (Parti socialiste), wurde die Einreise nach Frankreich verweigert. Sie durfte nur nach Berlin.

Erst in der vergangenen Woche verlängerte die malische Übergangsregierung den Ausnahmezustand in Mali um weitere drei Monate. Mittendrin sollen Wahlen stattfinden, im Juli, offensichtlich auf Drängen Frankreichs. "Warum haben die Franzosen es so eilig mit Wahlen, die undurchführbar sind", fragt Aminata Traure: "Sie hoffen offensichtlich, Mali rasch als befriedet zu feiern. Die UN schickt 15.000 Blauhelme, Frankreich bleibt weiter mit 1.000 eigenen Soldaten in Mali und damit will man das Problem als erledigt abhaken." Für eine wirkliche Konfliktlösung bedarf es jedoch eines intensiven Dialogs der Zivilgesellschaft. "Die Malier selbst müssen einen Fahrplan für einen Übergang zurück zu einer demokratischen Verfasstheit des Staates aufstellen", forderte Many Camara.

In einem Fachgespräch mit Christine Buchholz, Jan van Aken, Annette Groth, Heike Hänsel, Johanna Voß und weiteren Interessierten brachte Niema Movassat als Moderator auch die strategische Bedeutung des Nordens von Mali intensiv zur Sprache. Die zahlreichen eigenen Rohstoffe, die räumliche Nähe zu den reichhaltigen Uranvorkommen im Niger, Erdöl- und Erdgasvorkommen, Bauxit etc – all das macht die Region interessant für die darum konkurrierenden großen Mächte. "China kontrolliert bereits die gesamten Ölvorkommen im Niger", ergänzt Many Camara in seinen Ausführungen über die strategischen Interessen des Westens. Die Militärintervention Frankreichs hatte zwar den "Kollateralnutzen", islamistische Kräfte aus den Städten des Nordens zu vertreiben. Ihre tiefer liegen Absicht aber war die Sicherung der französischen und darin auch westlichen geostrategischen Interessen in der Sahelregion.

Afrika ist nicht arm. Viele Afrikaner sind arm und haben oft das Problem auf riesigen Reichtümern zu sitzen. Afrika wird Opfer seiner eigenen Bodenschätze.

Mit dem Krieg Frankreichs und der NATO in Libyen 2011 verschärfte sich die Situation im Norden Malis dramatisch. Die vor dem Bürgerkrieg in Libyen fliehenden Tuareg verbündeten sich mit islamistischen Kämpfern und die Situation in Mali explodierte. "Mit der Militärintervention im Norden Malis verhält sich Frankreich, als gäbe ein Pyromane vor Feuerwehrmann zu sein", führt Frau Traoré weiter aus. Wirtschaftsbereiche wie Gesundheit, Bildung, Kampf gegen Landgrabbing und der Tourismus waren schon vor der Krise 2011 in sehr schlechtem Zustand. In Zeiten der Kriegsökonomie sind sie aber quasi nicht mehr existent.

Aminata Traorè und Many Camara und auch der fehlende Oumar Mariko sind kritisch und unbequem. Gregor Gysi formulierte es so: "Wir haben großen Respekt vor Ihnen, denn wir wissen selbst, wie schwer es ist, immer wieder als Spielverderber zu gelten."