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Linkspartei will Bürgervotum

Im Wortlaut,

Bevölkerung soll über Gesundheitsreform befinden

Bremen - Die Linkspartei hält die Gesundheitsreform der großen Koalition für gescheitert. Ihr Fraktionschef Gregor Gysi forderte die Bundesregierung auf, das "Gemurkse" endlich bleiben zu lassen und die Bürger darüber befinden zu lassen, ob eine Kopfpauschale oder eine Bürgerversicherung eingeführt werden soll. Ein Volksentscheid dazu könnte bei der nächsten Bundestagswahl stattfinden, sagte Gysi. Die Reformpläne der großen Koalition nannte er "wirres Zeug", das katastrophale Folgen für die Patienten haben werde. Ein vernünftiger Kompromiss zwischen der Kopfpauschale der Union und der SPD-Bürgerversicherung sei auch gar nicht möglich. "Lasst es deshalb die Bevölkerung entscheiden", schlug der Fraktionsvorsitzende SPD und Union vor. Bisher gibt es in Deutschland allerdings noch keine gesetzliche Grundlage für einen derartigen Volksentscheid. Gysi reagierte mit seinem Vorschlag auf eine Umfrage, wonach 86 Prozent der Deutschen die Gesundheitsreform nur noch als ein "Hick-Hack zwischen den Parteien ohne erkennbares Konzept" wahrnehmen.

Gysi und seine 52 Fraktionskollegen waren am Mittwoch und Donnerstag in Bremen zu einer Klausurtagung zusammengekommen. Die Partei hofft, bei der dortigen Landtagswahl im Mai erstmals in ein westdeutsches Länderparlament einziehen zu können.

In einem Entschließungsantrag an den Bundestag forderten die Abgeordneten die Regierung auf, den Bundeszuschuss für die Krankenversicherung nicht zu kürzen, die Beitragsbemessungsgrenze anzuheben, eine allgemeine Versicherungspflicht einzuführen und unsoziale Zuzahlungsregeln abzuschaffen. Der jetzige Reformentwurf löse die Finanzierungsprobleme der Krankenversicherung nicht. Stattdessen drohe das funktionierende Netz von Apotheken, Kliniken und Ärzten zerschlagen zu werden.

Die Fraktion forderte außerdem die Einführung einer Umsatzsteuer auf Transaktionen an der Börse. Würde wie in Irland eine Steuer von einem Prozent auf den Umsatz erhoben, ergäben sich Einnahmen für den Staat von 30 bis 38 Milliarden Euro, sagte Gysis Ko-Fraktionschef Oskar Lafontaine. Damit könnten Beschäftigungsprogramme und kostenlose Kindertagesplätze geschaffen werden. Außerdem würde die Spekulation begrenzt werden. Die Börsenumsatzsteuer sei 1990 abgeschafft worden, um Nachteile Deutschlands im internationalen Wettbewerb zu beseitigen. In anderen EU-Ländern wie Großbritannien werde sie aber nach wie vor erhoben. SZ/dpa/AP

Süddeutsche Zeitung, 12. Januar 2007