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Legen wir die Steueroase Deutschland trocken!

Im Wortlaut von Alexander Ulrich,

Alexander Ulrich, für DIE LINKE Obmann im Europaausschuss des Bundestages, über Steuerdumping und die Beteiligung von Privatvermögen an den Kosten der Krise
 

 

Eine der ganz zentralen Ursachen der gegenwärtigen Krise ist die zum Himmel schreiende Ungerechtigkeit in der Vermögensverteilung. Während die ärmere Hälfte der Bevölkerung gar kein Vermögen hat, besitzt das reichste eine Prozent mehr als ein Drittel des Gesamtvermögens. Dieses an der Spitze konzentrierte Vermögen stellt die spekulative Masse dar, mit der das Kasino der internationalen Finanzmärkte betrieben wird. Die Superreichen sind gar nicht in der Lage, ihre Milliardenvermögen für Konsumgüter und Dienstleistungen auszugeben. Stattdessen fließt ein Großteil zwecks der Erzielung von Spekulationsrenditen in die Finanzmärkte. Dort werden Blasen aufgebläht, die irgendwann wieder platzen und so Krisen verursachen.

Dass die Vermögen so ungleich verteilt sind, hat mehrere Ursachen. Eine bedeutende besteht in ihrer unglaublichen steuerlichen Bevorteiligung. In Deutschland wurden seit den späten 1990er Jahren die Vermögensteuer abgeschafft, die Erbschaftsteuer weitgehend ausgehöhlt, der Spitzensteuersatz der Einkommensteuer von 56 auf 42 Prozent gesenkt, die Körperschaftsteuer auf das Dumpingniveau von 15 Prozent reduziert und eine Flat Tax von 25 Prozent für Kapitalerträge eingeführt. Letzteres bedeutet, dass Einkommen aus Arbeit in der Regel höher besteuert wird als beispielsweise Zinserträge.

Deutschland ist in den vergangenen Jahren zum Vorreiter einer gigantischen Spirale des Steuerdumpings geworden. Davon haben vor allem die Vermögenden profitiert. Das Aufkommen aus vermögensbezogenen Steuern beträgt hierzulande lediglich noch 0,9 Prozent der Wirtschaftsleitung. In Frankreich, Großbritannien und den USA liegt der Wert deutlich über drei Prozent. Im EU-Durchschnitt beträgt er immerhin 2,1 Prozent. Allerdings gibt es in ganz Europa einen Abwärtstrend. Die Steuersätze für Unternehmen und Reiche sind zu Faktoren der Standortkonkurrenz geworden.

Die Milliarden, die den Staaten dadurch jährlich entgehen - wir reden allein in Deutschland von einem Verlust von 781 Milliarden Euro innerhalb von zehn Jahren - fehlen nun zur Bekämpfung der Krise. Aber bisher machen Bundesregierung und EU wenig Anstalten, die Vermögenden an den Kosten der Krise zu beteiligen. Stattdessen werden die Kosten durch zahlreiche Kürzungsprogramme nach unten abgewälzt. In ganz Europa werden Sozialleistungen und Löhne gekürzt, öffentliche Dienste geschröpft, öffentliches Eigentum privatisiert und Verbrauchssteuern erhöht. Finanziert wird damit vor allem die Rettung von Banken, die sich im Dienst der Superreichen verzockt haben.

Es ist höchste Zeit, den gigantischen Reichtum umzuverteilen. Von oben nach unten, von privat nach öffentlich, in Deutschland und ganz Europa. Wir brauchen eine europaweit koordinierte Vermögensabgabe, die den Superreichtum zu einem Fall für Historiker macht. Mit einer solchen Vermögensabgabe ließe sich die Krise sozial verträglich überwinden. Die Kosten würden vor allem jene tragen, denen es am wenigsten weh tut und die jahrzehntelang von Steuerdumping und Finanzmarktderegulierung profitiert haben. Deutschland muss hier eine Vorreiterrolle spielen und schnellstens im eigenen Laden aufräumen. Das bedeutet beispielsweise die Wiedereinführung der Vermögensteuer, eine gründliche Anhebung der Spitzensteuersätze der Einkommensteuer, eine anständige Beteiligung von Kapitalerträgen und einen entschiedenen Kampf gegen Steuerflucht und -hinterziehung. Nur so lässt sich die Krise bekämpfen und nur so kann die Idee eines sozialen Europas aufrecht erhalten werden.

linksfraktion.de, 15. August 2012