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Krankenhäuser aus Patientensicht sehen

Im Wortlaut von Harald Weinberg,

Von Harald Weinberg

 

 

 

Die Großkoalitionäre kommen sich näher. Die SPD will „eine Reduzierung der Zahl der Kliniken“, die Union will „eine Bereinigung der Krankenhauslandschaft“. Letztlich ist beides eine Fortsetzung der Krankenhauspolitik, die auch in den vergangenen zwei Jahrzehnten vorherrschte. Denn die Zahl der Krankenhäuser sinkt bereits seit Jahren, der „Krankenhausmarkt“ ist geprägt von Konzentrationsprozessen.

Die Verlagerung von planbaren, komplizierten Eingriffen in Spezialzentren ist sicher nicht von vorneweg zu verurteilen. In der Regel sind dort die Ergebnisse besser, wo breite medizinische Erfahrung existiert. Auch ist nicht abzustreiten, dass die Bundesrepublik im internationalen Vergleich über außerordentlich viele Krankenhäuser und über viele Betten verfügt. Ob das nun gut oder schlecht ist, kann man pauschal nicht sagen, das hängt von vielen Rahmenbedingungen ab – z.B. wie leistungsfähig im internationalen Vergleich der ambulante Sektor ist und wie gut die Qualität, die in den Krankenhäusern geleistet wird.

Das Problem an der einfachen Losung „Wir haben zu viele Krankenhäuser“ ist, dass Union und SPD das alles über den Markt regeln wollen. So ist das seit Jahren. Das Finanzierungssystem stattet die Krankenhäuser immer knapper aus, einige Krankenhäuser hissen dabei jedes Jahr die weiße Fahne. Andere Krankenhäuser, die an der Pflege sparen, keine Tariflöhne zahlen, einen finanzstarken Investor im Rücken haben, sich auf profitable OPs konzentrieren und unrentable Abteilungen schließen, kommen gut mit dem Geld klar und bescheren ihren Aktionären gute Dividenden und Kurssteigerungen. Die „Bereinigung“ erfolgt rein ökonomisch – ob da zum Schluss eine gute Gesundheitsversorgung herauskommt oder medizinisch gut arbeitende Strukturen zerstört werden, ist purer Zufall.

Was wir brauchen, ist ein nicht-profitorientiertes Krankenhauswesen. Ob ein Krankenhaus geschlossen oder eröffnet wird und welche Leistungen die Krankenhäuser anbieten, muss Ergebnis einer demokratischen Entscheidungsfindung sein, nicht Ergebnis eines willkürlichen Marktprozesses. Das kann über die Landesparlamente laufen, vieles spricht aber auch dafür, dass regionale Gesundheitskonferenzen an diesem Prozess beteiligt werden sollten. Die Krankenhäuser, die nach dieser Entscheidung notwendig sind, müssen ausreichend finanziert werden, damit alle von einer hochwertigen medizinischen und pflegerischen Versorgung profitieren. Unser derzeitiges Finanzierungssystem leistet das nicht, und leider zeichnet sich in den Koalitionsverhandlungen nur ein „Weiter so!“ ab.

linksfraktion.de, 4. November 2013