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Könnte die SPD zustimmen?

Im Wortlaut von Klaus Ernst,

Klaus Ernst zum Altersteilzeit-Antrag der LINKEN im Bundestag

Am Montag haben Sie gesagt, dass auch bei der Altersteilzeitförderung die Stunde der Wahrheit im Bundestag schlägt und ein entsprechender Antrag der LINKEN dem Parlament längst vorläge. Die SPD muss sich langsam wie in der Fabel von Hase und Igel vorkommen. Überall wo sie glaubt, Akzente setzen zu können, hört sie von der LINKEN: »Wir sind schon da.«

So ist es. Aber das Schlimme ist: Die SPD tut so, als würde sie ein Problem beseitigen. Sie hat es aber selbst verursacht, denn die Rente mit 67 und das Auslaufen der Altersteilzeitregelung 2009 verantwortet die SPD mit. Jetzt kommt sie und sagt, das müssen wir wieder ändern, und schiebt den Schwarzen Peter dem Koalitionspartner zu, der sich sträubt. Mir kommt es so vor, als wenn die SPD das Haus angezündet hat und jetzt schreit, man muss löschen - und dafür auch noch das Lob der Gesellschaft will.

Wann hat die LINKE den Antrag eingebracht und in welchem Diskussionsstadium befindet er sich?

Wir haben ihn am 6. Mai 2008 eingebracht. Er ist in der 1. Lesung an die Ausschüsse überwiesen und wir werden ihn in der nächsten Woche behandeln.

Was wird darin gefordert?

In dem Antrag wird gefordert, dass die Altersteilzeit als Instrument zur Ermöglichung flexibler Übergänge vom Erwerbsleben in die Rente fortgesetzt wird.

Ist der Antrag mit den Vorstellungen der SPD kompatibel?

Es gibt eine prinzipielle Übereinstimmung, weil wir in diesem Antrag keine Zahlen nennen, sondern allgemein fordern, dass die Förderung der Altersteilzeit durch die Bundesagentur für Arbeit auch nach 2009 fortgesetzt wird.

Wenn es die SPD ernst meint mit einer Verlängerung der Arbeitsteilzeit, könnte sie also für den Antrag stimmen?

Ja, es gibt keinen Grund, diesen Antrag abzulehnen. Im Gegenteil, die SPD müsste ihm zustimmen.

Glauben Sie daran?

Nein, sie wird ihn ablehnen.

Wegen der Abgrenzungsdoktrin zur LINKEN, aus Angst vor dem Koalitionspartner ...

Nach wie vor hält die SPD eher an der Koalition fest, als eine vernünftige Regelung zu beschließen. Aber sie bekommt auch Druck von den Gewerkschaften, befindet sich in einem Stimmungstief und merkt, dass die LINKE Erfolg hat. Also greift sie unsere Forderungen auf und versucht, damit zu punkten. Allerdings unzureichend, denn inhaltlich liegt der konkrete SPD-Vorschlag weit von den Forderungen der LINKEN entfernt. Zum Beispiel will die SPD die Altersteilzeit künftig erst ab dem 57. Lebensjahr ermöglichen. Wir wollen, dass sie wie bisher ab 55 gewährt wird. Insofern sind wir natürlich mit diesem Vorschlag überhaupt nicht einverstanden, weil er weit hinter dem gegenwärtigen Rechtszustand zurückbleibt. Deshalb bin ich auch durchaus erstaunt, dass sehr schnell von Teilen der Gewerkschaften Zustimmung signalisiert wurde.

Sie haben auch angekündigt, eine namentliche Abstimmung im Bundestag durchführen zu wollen. Mit welchem Ziel?

Das soll verhindern, dass die SPD vortäuschen kann, sie würde tatsächlich ein Problem beseitigen wollen. Wenn sie dann, wenn es konkret wird, im Bundestag dagegen stimmt, weiß man, was man wirklich von ihren Altersteilzeit-Forderungen zu halten hat. Und es erhöht den Druck auf den Einzelnen, den Antrag nicht abzulehnen, weil sein Stimmverhalten sichtbar wird.

Fragen: Markus Drescher

Neues Deutschland, 18. Juni 2008