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Klaus Ernst schließt Stimmen für Schröder aus der Linkspartei aus

Im Wortlaut von Klaus Ernst,

Vorstandsmitglied Klaus Ernst von der Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (WASG) ist als Spitzenkandidat der Linkspartei in den neuen Bundestag gewählt worden.

Im AP-Interview äußert sich der Leiter der IG-Metall-Verwaltungsstelle Schweinfurt zu seinen Vorstellungen über die parlamentarische Arbeit, den angestrebten Zusammenschluss von WASG und Linkspartei/PDS und das Verhältnis zur SPD. Nachfolgend der Wortlaut:

Die Linkspartei hat ja mit 8,6 Prozent gut abgeschnitten und ist im neuen Bundestag sogar stärker vertreten als die Grünen. Ist es aber für einen Neuparlamentarier wie Sie nicht enttäuschend, dass man dennoch nur sehr wenig Einfluss nehmen kann, da ja alle anderen Parteien eine Zusammenarbeit mit der Linken ablehnen? Wie kann man da trotzdem Politik gestalten?

Vor allem durch die Zusammenarbeit mit außerparlamentarischen Bewegungen. Es ist ganz wichtig, dass wir mit den Gewerkschaften in Kontakt bleiben und mit ihnen wie auch mit attac und anderen Bürgerbewegungen gemeinsam Politik entwickeln. Dann können wir uns als Sprachrohr der sozialen Bewegungen verstehen, etwa durch gemeinsame Kampagnen in Form von Demonstrationen, Flugblattaktionen und ähnlichem. In diesem Zusammenspiel unserer Tätigkeit im Bundestag und außerparlamentarischer Aktivitäten wird es - davon bin ich überzeugt - über kurz oder lang auch gelingen, unsere Positionen durchsetzungsfähig zu machen.

Die überwiegende Mehrheit der neuen Fraktionsmitglieder stammt ja doch aus der PDS, kommt die WASG dennoch ausreichend zum Zuge, und mit welchen Anliegen will sie sich vor allem Gehör im Parlament verschaffen?

Ich denke, wir werden das vernünftig gestalten können, schließlich sind wir ja schon mittendrin. Wir haben klare Vereinbarungen, auf gleicher Augenhöhe zu agieren. Zudem gibt es ja doch auch viele Gemeinsamkeiten mit der Linkspartei/PDS. Das wichtigste Anliegen, das wir im Bundestag ansprechen wollen, sind natürlich Maßnahmen zum Abbau der Arbeitslosigkeit. Wir wollen Hartz IV wesentlich verändern und haben auch andere Vorstellungen zum Steuersystem. Dazu gehören etwa die Wiedereinführung der Vermögensteuer und Mehreinnahmen bei der Körperschaftsteuer. Zudem bleibt auch die Forderung nach Einführung von Mindestlöhnen auf der Tagesordnung. Und wir wollen die Einführung der Bürgerversicherung im Gesundheitswesen.

Wie geht es denn mit den Bestrebungen um eine Fusion von WASG und Linkspartei/PDS weiter? Wie ist der Zeitplan, und wie sind noch vorhandene Widerstände innerhalb der WASG gegen die Fusion einzuschätzen?

Die Fusion zu einer gemeinsamen Partei soll so schnell wie möglich, aber auch so langsam wie nötig erfolgen. Die Zusammenarbeit kann schließlich nicht von oben verordnet werden. Es ist unabdingbare Voraussetzung, dass die Basis mitzieht. Dazu werden wir zum Beispiel Foren für Mitglieder zu bestimmten Themen anbieten, um inhaltliche Debatten zu führen. Wir brauchen ja ein gemeinsames Statut und Programm. Es war von zwei Jahren bis zur Fusion die Rede. Ich gehe davon aus, dass wir den Zeitraum nicht ganz ausschöpfen müssen. Aber es ist andererseits auch nicht binnen Monaten zu schaffen. Das Problem ist nicht, dass es gravierende sachliche Unterschiede gäbe. Aber es sind nun einmal unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Erfahrungen und Werten vor Ort, und die muss man bei einer Fusion mitnehmen.

Ist es vorstellbar, dass Gerhard Schröder in geheimer Wahl des Bundeskanzlers doch Stimmen aus der Fraktion der Linkspartei bekommt, um Angela Merkel zu verhindern?

Das ist für uns nicht vorstellbar. Es ist ein merkwürdiges Verhalten, dass man mit uns nicht einmal redet und dann auf unsere Stimmen setzt. Man kann doch nicht die Linkspartei permanent in die Pfanne hauen und dann auf Unterstützung einer rot-grünen Minderheitsregierung bauen. Das machen wir nicht, weil dafür die inhaltlichen Differenzen viel zu groß sind. Wenn sich die SPD von ihrer bisherigen Politik verabschiedet, ist das etwas anderes. Etwa wenn sie einen Mindestlohn einführt, unsere Jungs und Mädels aus Afghanistan zurückholt, Hartz IV radikal verändert, den Spitzensteuersatz erhöht, die Vermögensteuer wieder einführt und ihr Führungspersonal auswechselt - dann können wir miteinander reden. Aber wir wollen keine Posten, sondern eine andere Politik. Wir sind bereit, Verantwortung zu übernehmen, stehen aber auf keinen Fall als Steigbügelhalter für eine Politik, die wir ablehnen, zur Verfügung. Ich gehe davon aus, dass die SPD spätestens in fünf bis zehn Jahren merkt, dass sie sozialdemokratische Wurzeln hat. Wenn das so ist, gibt es danach Perspektiven für eine Zusammenarbeit - aber eben erst danach. Man kann ja nicht den zweiten Schritt vor dem ersten tun.

Sie sind ja Leiter einer Verwaltungsstelle der IG Metall in Schweinfurt. Können Sie das Amt trotz des Bundestagsmandats weiterführen, oder werden Sie es ruhen lassen?

Meine Arbeitszeit wird, wie das in solchen Fällen üblich ist, nach Annahme des Bundestagsmandats reduziert, das Gehalt wird entsprechend drastisch gekürzt. Zudem wird zusätzliches Personal eingestellt, so dass es wohl klappen müsste.

AP, 25. September 2005