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Kinderarmut nicht klein reden

Nachricht von Diana Golze,

Hungernde und bettelnde Kinder. Massenhafte Kinderarbeit. Solche Bilder kennen wir nur noch aus den Geschichtsbüchern oder aus den armen Regionen dieser Welt. Ist Kinderarmut in der Bundesrepublik Geschichte? Nein, im Gegenteil: Über 2,5 Millionen Kinder und Jugendliche leben bundesweit auf dem Armutsniveau von Hartz IV. Für ihre alltäglichen Bedürfnisse stehen monatlich zwischen 215 und 287 Euro zur Verfügung. Von diesem Geld ist noch nicht einmal eine ausreichende und gesunde Ernährung möglich! Kinderarmut hat hierzulande viele Gesichter. Sicher, in der Bundesrepublik verhungert kaum jemand. Aber wer arm ist, hat oft weniger Zugang zu Bildung und ist weniger gesund. Ohne Geld bleiben viele Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche verschlossen. Das Busticket zum Sporttraining oder zur abendlichen Schultheateraufführung will bezahlt sein. Ein eigenes Zimmer in der elterlichen Wohnung kostet Geld, das oft genug nicht da ist. Kinderarmut heißt Mangel in den wichtigsten Bereichen des täglichen Lebens. Und das ist Alltag für viele Kinder in Deutschland.

Nun hat letzte Woche das DIW neue Zahlen zur Kinderarmut in Deutschland veröffentlicht und kommt zu dem Schluss, dass die Kinderarmutsquote von 16,3 auf 8,3 Prozent gesunken sei. Kann man diesen Zahlen glauben? Die Kinderarmut ist in den letzten Jahren permanent gestiegen und nun soll sie sich auf einmal halbiert haben? Glaubwürdig klingt das nicht, insbesondere in Anbetracht dessen, dass der Niedriglohnsektor permanent größer wird und damit immer mehr Menschen, auch Eltern, auf aufstockende Leistungen angewiesen sind. In Deutschland beziehen 1,68 Millionen Kinder bis 15 Jahre Hartz IV.

Diana Golze, kinder- und jugendpolitische Sprecherin der Fraktion, bringt es auf den Punkt: „Es geht nicht mehr darum in der öffentlichen Diskussion, wie wir Kinderarmut bekämpfen, sondern ob wir überhaupt welche haben. Das finde ich sehr tragisch für die Millionen von betroffenen Kindern, für die wir unbedingt etwas tun müssen, d.h. wir müssen dafür sorgen, dass Kinder gefördert werden, dass Kinder aus der Armut herausgeholt werden, dass Kinder nicht wie kleine Erwerbslose behandelt werden, sondern eigenständig gesichert werden.“

Es ist keine Lösung, Kinderarmut klein zu reden. Ob die Zahlen des DIW richtig sind und wie sie zustande gekommen sind, macht keinen Unterschied. Kinderarmut in einem reichen Land wie Deutschland ist – egal wie hoch sie ist – ein Skandal!

Kinderarmut ist vermeidbar, sagen wir und haben dafür die passenden Konzepte.

  • Kinderarmut ist Elternarmut! Wir fordern einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn.
  • Die Kinderregelsätze sind verfassungswidrig, denn sie wurde auch dieses Mal nicht eigenständig berechnet. Kinder sind keine kleinen Erwachsenen, sodass man einen kindgerechten Regelsatz nicht einfach ableiten kann.
  • Das Bildungs- und Teilhabepaket ist ein Bürokratiemonster und geht an den Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen vorbei. Die Leistungen dieses „Bildungspaketes“ gehören in den Regelsatz sowie in Infrastrukturleistungen.

Die Kassen sind leer, heißt es immer. Wirklich? Das Geld, das die Bundesregierung den Banken oder als Steuergeschenke den Unternehmen und Vermögenden hinterher wirft, fehlt für die Bekämpfung der Kinderarmut. Das Geld fehlt auch für eine flächendeckende und kostenlose Kinderbetreuung, für Ganztagsschulen und Jugendklubs, die im Kampf gegen die Kinderarmut gebraucht werden. DIE LINKE fordert deshalb einen dringenden Kurswechsel. Armut von Kindern und Jugendlichen in einem der reichsten Länder dieser Erde ist ein vernichtendes Zeugnis für die Politik der Bundesrepublik Deutschland.

linksfraktion.de, 09.05.2011