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»Im besten Sinne undogmatisch«

Im Wortlaut von Martina Renner,

Martina Renner sieht sich als Teil einer Bewegungslinken. Im Bundestag will sie sich nicht nur für eine solidarische und gerechte Gesellschaft einsetzen, sondern sich gleichfalls für mehr Bürgerrechte einsetzen.

Martina Renner, herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Wahl in den Deutschen Bundestag. Während der nächsten vier Jahre werden Sie in der Fraktion DIE LINKE die Interessen der Menschen vertreten. Was ist Ihnen dabei besonders wichtig?

Für mich ist die LINKE immer Teil einer gesellschaftlichen Bewegung, die nicht nur um Alternativen ringt, sondern auch in dem, wie sie um Veränderungen kämpft, Gleichberechtigung, Offenheit und Selbstreflektion mit denkt und lebt. Glaubwürdigkeit ist genauso wichtig wie fachliche Kompetenz.

Welche konkreten Vorhaben wollen Sie in die politische Arbeit einbringen?

Die LINKE hat eine große Chance. Sie muss die Forderung nach einem menschenwürdigen Leben für alle, nach sozialer Gerechtigkeit und Teilhabe mit dem Engagement für echte Demokratie verbinden. Es geht eben nicht nur um gesellschaftlichen Ausgleich, sondern es geht im Kern um eine solidarische und gerechte Gesellschaft bei gleichzeitiger Zurückdrängung neoliberaler Verwertungsideologie und Ansätzen eines obrigkeitsstaatlichen Regimes. Sozialabbau geht einher mit ordnungspolitischen Maßnahmen, mit Sanktionen und Repression. Für mich ist die Politik der LINKEN für mehr Bürgerrechte, Grundrechtsschutz, gegen Überwachung und Ausspähung, gegen Neonazis und Apologeten der inneren Sicherheit kein Randthema, sondern notwendige Ergänzung unseres sozialpolitischen Kernanliegens.

Wir müssen Antworten geben auf Ängste und Sorgen. Das heißt auch, dem autoritären und ausgrenzenden Krisenlösungsmodell à la CDU eine glaubwürdige Alternative entgegensetzen.

Auf welche persönlichen Erfahrungen können Sie dabei zurückgreifen?

Seit vielen Jahren engagiere ich mich gegen Rechts, publiziere und referiere zum Thema „Neonazismus“. Als Abgeordnete im Thüringer Landtag und innenpolitische Sprecherin der LINKEN habe ich immer auf Kompetenz, weniger auf Polemik gesetzt. Dies hat der LINKEN Respekt in einem Politikfeld verschafft, das oft nicht auf den ersten Blick zu unseren originären Fachgebieten zählt. Dabei sehe ich uns als AkteurInnen in den Parlamenten als kooperativen Teil gesellschaftlicher Prozesse und verorte mich selbst auch nach vielen Jahren als Mitarbeiterin und Abgeordnete im Thüringer Landtag als Teil einer Bewegungslinken.

Im Westen geboren und aufgewachsen leben Sie heute in Thüringen. Wie haben ost- und westdeutsche Erfahrungen Sie geprägt?

Meine politischen Praxiserfahrungen aus den westdeutschen sozialen Bewegungen, die theoretische Aneignung gesellschaftskritischer Theorie und die Erfahrungen in Thüringen auf der Basis einer bis weit in den vorpolitischen Raum gesellschaftlich verankerten Partei haben sich für mich nie als Konflikt dargestellt. Für mich steht außer Frage, dass ich Abgeordnete aus Thüringen bin. Dort ist mein Wohnort. Ich schätze meinen Landesverband der LINKEN in Thüringen dafür, im besten Sinne undogmatisch zu sein, aber niemals zu Lasten der politischen Klarheit. Und ich glaube, spezifische ostdeutsche politische Forderungen müssen deutlich im Bundestag zu vernehmen sein. Wer, wenn nicht DIE LINKE, wird diese Aufgabe übernehmen?

Politik ist in der Regel ein langwieriges Geschäft. Dennoch: Welche drei Dinge möchten Sie heute in vier Jahren erledigt sehen?

Rentengerechtigkeit zwischen Ost und West ist ein Thema, das nicht mehr aufgeschoben werden darf. Die Betroffenen hoffen zu Recht, dass Ungerechtigkeiten bei der Anspruchsüberführung im Zuge der Wiedervereinigung jetzt beseitigt werden. Ich hoffe dass in den nächsten vier Jahren ein breites gesellschaftliches Bündnis entsteht, nach dem Geheimdienste mit einer Demokratie unverträglich sind. Und das wir ähnlich wie in der Anti-Atom-Debatte auch bei diesem Thema den langen Atem beweisen. Ich erwarte, dass Bagatellisierungen und Relativierungen der neonazistischen Gefahr für Leib und Leben, aber auch für eine offene Gesellschaft, endlich aufhören.

linksfraktion.de, 16. Oktober 2012

 

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