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"Ich war sehr quengelig"

Im Wortlaut von Bodo Ramelow,

Nicht zum ersten Mal macht Gregor Gysi Personalpolitik, ohne sich abgestimmt zu haben. "Ein tüchtiger Ministerpräsident des Landes Thüringen" solle Bodo Ramelow werden, sagt der Chef der Bundestagsfraktion den Delegierten der thüringischen Linkspartei, die am Wochenende in Gotha tagen. Dass Gysis Vize Ramelow sich eigentlich erst im Herbst entscheiden wollte, dass im Landesverband nichts zur Spitzenkandidatur entschieden ist - egal. Die Bundesführung der Linken hätte gern eine weitere rot-rote Koalition auf Landesebene, und Ramelow soll bei der Verwirklichung eine zentrale Rolle spielen.

Ramelow wird um den Thüringen-Einsatz kaum herumkommen - auch deshalb, weil sich vor wenigen Wochen seine bisherige Hauptaufgabe als Beauftragter für die Fusion von PDS und WASG erledigt hat. Die Partei wusste, was sie an Ramelow hatte. Er war harter Verhandler, manche nannten ihn gar Zuchtmeister oder "politischen Sandkastenrambo". Am Ende war er es, der die Sitzungen in den Hinterzimmern ausdauernd durchstand und sich die Rolle des Architekten der gesamtdeutschen Linkspartei eroberte. Auf dem Gründungsparteitag Mitte Juni entschuldigte sich Ramelow, dass er manchen auf die Nerven gegangen und zuweilen "sehr quengelig" gewesen sei. Nun hat er ein Problem: Als es an die Verteilung der Spitzenposten ging, übersah man Ramelow. Zwar darf der 51-Jährige Bundeswahlkampfchef und Fraktionsvize ohne Geschäftsbereich bleiben. Für die Nachfolge von Gysi oder Parteichef Lothar Bisky aber wird er - anders als etwa Parteivize Katja Kipping - nicht mehr gehandelt. Süffisant rief Kipping Ramelow nach, er habe "gerade einen Job verloren". Einen Job, "den er verdammt gut gemacht hat".

Ramelow hat eine West-Biografie, das Pflaster in Thüringen kennt er dennoch gut. Bis zur Wahl 2005 in den Bundestag war der gelernte Gewerkschaftssekretär vier Jahre lang PDS-Fraktionschef im Erfurter Landtag, als Spitzenkandidat 2004 in Thüringen holte er über ein Viertel der Stimmen und verwies die SPD auf Rang drei. Dieses Kräfteverhältnis erschwert rot-rote Pläne in Thüringen. Selbst die Pragmatiker der Linken rechnen nicht damit, dass die SPD demnächst einen Linkspartei-Ministerpräsidenten ins Amt bringt. Gysis Rückkehroption für Ramelow kommt also nicht von ungefähr: "Wenn es doch anders käme, könnte er weiter im Bundestag eine wichtige Rolle spielen."

Von Matthias Meisner

Der Tagesspiegel, 16. Juli 2007