Zum Hauptinhalt springen

Holt die Bundeswehr aus Afghanistan zurück!

Kolumne von Wolfgang Gehrcke,

Von Wolfgang Gehrcke, Mitglied des Vorstandes und außenpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

Das fordert DIE LINKE seit zehn Jahren. Der Krieg in Afghanistan dauert mittlerweile eben so lang wie der Vietnamkrieg. So wie DIE LINKE denkt die Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland. Die Menschen wollen, dass die Bundeswehr zurückgeholt wird – ohne Wenn und Aber. Verweigert haben sich bisher immer die Regierungen, egal ob Rot-Grün, Schwarz-Rot oder Schwarz-Gelb. Verweigert hat sich die Rüstungsindustrie, sie verdient gut am Krieg, und das Töten ist ihr Geschäft. Verweigert hat sich die Generalität der Bundeswehr, sie redet sich darauf heraus, dass sie nur Befehle ausführt. Das hatten wir schon einmal. Aber: Die "Befehle" kommen vom Bundestag. Er setzt die Bundeswehr ein. Alle Abgeordnete, die mit Ja gestimmt haben, tragen Verantwortung für das Töten in Afghanistan.

Mittlerweile weiß man viel über die Lage in Afghanistan. Man kann zumindest viel wissen, wenn man denn will. Über einiges berichtet auch die Bundesregierung. Zum Beispiel, dass die militärische und Sicherheitslage schlecht ist, dass die afghanische Regierung unfähig, aber lernbereit sei, dass es hier und dort Verbesserungen gegeben habe. Aber über den Kern will man nicht berichten. Auf die konkrete Frage, wie viele Tote und Verletzte der Afghanistankrieg bisher gefordert hat, gibt es immer die Antwort, dass sei der Bundesregierung nicht bekannt. Man könnte aber wissen - zumindest schreiben viele Zeitungen darüber -, dass in den zehn Jahren Krieg über 200 000 Menschen Leben oder Gesundheit verloren haben. Man kann wissen, dass mehr als 2 700 Koalitionssoldaten ums Leben gekommen sind. Man weiß, dass 53 Bundeswehrangehörige, die der Bundestag nach Afghanistan geschickt hat, umgekommen sind - darüber hinaus auch drei deutsche Polizisten. Man weiß, dass mehr als 130 afghanische Zivilisten Opfer des von dem deutschen Oberst Klein befohlenen Bombenabwurfs bei Kundus geworden sind.

Immer roher und gewalttätiger wird die Kriegsführung. Die eingesetzten NATO-Truppen, vor allen Dingen die Truppen der USA, praktizieren 'gezielte Tötungen'. In irgendeinem Militär- oder Geheimdienststab wird irgendwer als Taliban, Aufständischer, Terrorist oder sonstiger Feind ausgemacht. Vielleicht ist derjenige sogar ein Feind, vielleicht aber auch nicht. Keine öffentliche Anklage, keine Beweisführung und keine Verteidigung. Der Ausgemachte wird auf eine Liste gesetzt und irgendwann und irgendwo umgebracht, wenn man einschätzt, ihn nicht festsetzen zu können. Auch deutsche Behörden benennen Personen für diese Liste, die ich als Todesliste bezeichne. Die Verteidigungsminister der beteiligten Länder müssen eine solche Benennung genehmigen. Sie waschen ihre Hände in Unschuld, sie haben ja nur benannt.

Der Afghanistankrieg ist über fünf deutsche Verteidigungsminister hinweg gegangen. Rudolf Scharping (SPD) dachte noch, dass der Krieg schnell zu gewinnen sei. Struck (SPD) wollte Deutschland am Hindukusch verteidigen und damit übertünchen, dass sich Deutschland an einem verbotenen Angriffskrieg beteiligt. Franz Josef Jung (CDU), der viel lieber Landwirtschaftsminister geworden wäre, kämpfte bis zu seiner letzten Sekunde im Amt, den Krieg nicht bei seinem Namen zu nennen. Das Gastspiel von Karl-Theodor zu Guttenberg war nur kurz, aber schauspielerisch top besetzt. In den Hauptrollen Karl-Theodor und seine Frau Stefanie, an der Kamera Showmaster Kerner. Die Bevölkerung sollte die Show genießen, tut sie aber nicht. Der Neue im Amt, Thomas de Maiziére, lässt den Krieg berechnen. Er ist ein Mathematiker des Krieges, was vielleicht gefährlicher ist als alles, was wir vorher hatten. Da wir gerade beim Berechnen sind: 17 Milliarden Euro hat der Krieg die deutschen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler bisher gekostet. Pro Kopf der afghanischen Bevölkerung also rund 3.800 Euro – nur für den Krieg und nur von Deutschland.

DIE LINKE hat beantragt, dass der Bundestag die Zustimmung zum Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan widerruft, den Einsatz der Bundeswehr für beendet erklärt und sie unverzüglich aus Afghanistan abzieht. Darüber wird namentlich abgestimmt. Jede Bürgerin, jeder Bürger unseres Landes sollte ihren oder seinen Abgeordneten ganz konkret fragen: Haben Sie für oder gegen den Krieg gestimmt? Die Zeit ist überreif, diesen Krieg endlich zu beenden.