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Gleichstellung ist mehr als Quote

Periodika von Yvonne Ploetz,

Eine gerechte Gesellschaft muss Frauen und Männern gleiche Verwirklichungs- und Teilhabechancen einräumen. Wer dabei auf Freiwilligkeit setzt, will keine wirkliche Gleichstellung, sagt Yvonne Ploetz.

Deutscher Bundestag, April 2013, einen Moment lang liegt der Hauch einer historischen Chance in der Luft. Etliche CDU-Frauen hatten angekündigt, dem Bundesratsan- trag zur Einführung einer gesetzlichen Frauenquote in großen Unternehmen zu- zustimmen. Diese Quote sollte 20 Prozent betragen, die Umsetzung hätte Zeit bis zum Jahr 2018. Also kein Riesen- schritt, kein Meilenstein, schon gar nicht im europäischen Vergleich, immerhin aber ein erster Fußabdruck. Eine echte Quote in Vorständen und Aufsichtsräten – so DIE LINKE – sähe ohnehin anders aus, sie müsse 50 Prozent betragen. Ursula von der Leyen, CDU-Arbeitsministerin, hatte sich im Vorfeld der Abstimmung weit aus dem Fenster gelehnt. Am Tag selbst war dann kein Wort von ihr zu hören. Die geplante Rede zur Frauenquote sagte sie ab. Am Ende stimmte die CDU-Fraktion, aber auch der kleine gelbe Regierungspartner gegen den Antrag.

DIE LINKE hat dem eingereichten Quotenkompromiss zugestimmt, wohlwissend, dass es nicht vordergründig um gut verdienende Managerinnen geht, sondern um den berühmten Fuß in der Tür: um Geschlechtergerechtigkeit, um Mitbestimmung, um die Aufkündigung von klar fixierten männlichen und weiblichen sozialen Rollen.

Denn obwohl Frauen Männer bildungspolitisch längst überholt haben, sind sie im Berufs- und Familienleben immer noch benachteiligt oder überdimensional belastet. 52 Prozent der bundesdeutschen Bevölkerung sind Frauen. Sie verdienen bei gleicher Qualifikation durchschnittlich 22 Prozent weniger als Männer. Auch bilden Frauen mit 65 Prozent die größte Gruppe im Niedriglohnbereich.

Für DIE LINKE sind Quoten und klare Vorgaben deshalb ein Muss. Denn wie auch immer Frauen und Männer sich privat einigen, wer vorrangig das Haushaltseinkommen verdienen oder die sogenannten Kümmerarbeiten leisten soll, um Beruf und Familie überhaupt vereinbaren zu können, braucht es politische Weichenstellungen. Chancengleichheit setzt ausreichende Betreuungsangebote für Kinder ab dem ersten Lebensjahr voraus, Ganztagsschulen, flexible Arbeitszeiten, das Rückkehrrecht von Teilzeit auf Vollzeit, eine sozialversicherungspflichtige und existenzsichernde Bezahlung.

Eine aktuelle Forsa-Studie belegt, dass nach wie vor Frauen zugunsten der Familie auf eigene berufliche Karrierechancen verzichten. Das Modell »Der Mann arbeitet Vollzeit, die Frau Teilzeit und kümmert sich vorrangig um Haushalt und Kinder« funktioniert bei 40 Prozent der Paare. Mit spürbaren Spätfolgen für die Frauen. Ein geringer Verdienst bedeutet im Alter eine geringe Rente und heißt für viele Frauen eine dauerhafte ökonomische Abhängigkeit vom Partner. Vor gut einem halben Jahr stellte DIE LINKE eine Große Anfrage bei der Bundesregierung zur Alterssicherung und Altersarmut von Frauen. Zwei von drei Frauen erhalten eine Altersrente unterhalb der Grundsicherung. Frauen, die 2011 erstmals Rente bezogen, beziehen im Schnitt 520 Euro.

Darum hat DIE LINKE nie aufgehört in Debatten und mit Anträgen im Bundestag bessere Löhne für Frauen, die Abschaffung von Minijobs, die Einschränkung des Niedriglohnsektors, den Aufbau eigenständiger Rentenansprüche, den bedarfsgerechten Ausbau der Kinderbetreuung und die besondere Unterstützung von Alleinerziehenden anzumahnen und einzuklagen. Fairness, Teilen, Umverteilen – das ist der Weg für mehr Gerechtigkeit und Gleichheit zwischen den Geschlechtern. Dazu kommt ein Nachdenken über Arbeit, die Frauen leisten, die ihnen aber kaum gesellschaftlich und finanziell Anerkennung bringt: Ehrenämter, Pflegezeiten für Angehörige, Kinderbetreuungszeiten.

Für DIE LINKE bedeutet das, immer wieder unangenehme Fragen zu stellen und den Regierungsverantwortlichen auf die Füße zu treten. Das haben wir in der jetzigen Wahlperiode getan, im Parlament und mit vielen Aktionen außerhalb des Bundestags. Wir glauben an eine faire Gesellschaft, an ein Miteinander von Menschen, an eine Gesellschaft, in der Teilhabe für jede und jeden selbstverständlich ist.

Yvonne Ploetz, frauenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE