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Gleiche Rente für gleiche Lebensleistung

Im Wortlaut von Matthias W. Birkwald,

Gastkommentar

Von Matthias W. Birkwald

Bei der Angleichung der ostdeutschen Renten auf das Westniveau geht es um Gerechtigkeit – und nicht um Almosen. Es muss gelten: Gleiche Rente für gleiche Lebensleistung. Mit der Anhebung würde endlich ein zentrales einigungspolitisches Versprechen eingelöst. Bisher haben alle Bundesregierungen bei der Rentenangleichung Sankt-Nimmerleins-Politik betrieben. Deswegen bringt die LINKE heute erneut einen Antrag in den Bundestag ein.

Zum 1. Juli werden die Renten um ein Prozent steigen. Der sogenannte aktuelle Rentenwert bleibt damit für Ostdeutsche mit 24,37 Euro weiterhin um elf Prozent geringer als der Rentenwert für Westdeutsche in Höhe von 27,47 Euro. Das hat die bekannten bitteren Folgen: Nach 45 Jahren durchschnittlichem Verdienst erhalten Ostdeutsche 140 Euro weniger Rente als Westdeutsche. Ihre wirtschaftliche Lebensleistung wird damit in der Rentenversicherung schlechter bewertet.

Eine gerechte Angleichung muss, erstens, eine deutliche Verbesserung für alle heutigen Rentnerinnen und Rentner bringen. Denn die Alterseinkünfte sind im Osten 18 Prozent geringer als im Westen. Das liegt vor allem daran, dass die gesetzliche Rente bei den Ostdeutschen mehr als 90 Prozent ihres gesamten Alterseinkommens ausmacht. Zweitens: Die Arbeitsentgelte Ostdeutscher müssen weiterhin hochgerechnet werden, um damit die ungleichen Durchschnittseinkommen in Ost und West auszugleichen. Diesen Nachteilsausgleich brauchen wir trotz sich angleichender Tariflöhne. Denn knapp die Hälfte aller Beschäftigten in Ostdeutschland arbeitet ohne Tarifvertrag, und die Löhne und Gehälter liegen nach wie vor ein Viertel unter denen im Westen. Zudem müssen Ostdeutsche für einen annähernd gleichen Lohn oft länger arbeiten und auf im Westen übliche Sonderzahlungen verzichten. Drittens: Die Angleichung soll bis 2016 abgeschlossen sein. Die Volkssolidarität, ver.di, die LINKE und andere schlagen dafür einen steuerfinanzierten, stufenweise steigenden Zuschlag vor. Viertens: Es darf nicht sein, die Angleichung gegen eine vernünftige Wirtschafts- und Lohnpolitik für Ostdeutschland auszuspielen. Wir müssen das eine tun, ohne das andere zu lassen.

Neues Deutschland, 17. März 2011