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Gesundheit ist keine Ware – für ein solidarisches Gesundheitssystem

Nachricht von Martina Bunge, Kathrin Senger-Schäfer, Harald Weinberg,

Über 70 Gäste folgten trotz Schnee und Eis am 9. Dezember 2010 der Einladung der Fraktion DIE LINKE zur Gesundheitskonferenz nach Ludwigshafen. Vertreter/innen aus Gewerkschaften, Berufsverbänden des Gesundheitsbereichs, Sozialverbänden, Selbsthilfe- und Patientenorganisationen, Wissenschaft und Forschung sowie interessierte Bürger/innen diskutierten über sozial gerechte Alternativen in Gesundheit und Pflege. Die Fraktion wurde von den Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Kathrin Senger-Schäfer und Harald Weinberg vertreten.

Der Arzt um die Ecke – ein Auslaufmodell?

Die Eingangsfrage des ersten Podiums entwickelte sich zu einer Diskussion, wie eine flächendeckende, wohnortnahe Gesundheitsversorgung in der Zukunft aussehen soll. Die Referentinnen zeigten auf, dass die zunehmenden Versorgungsprobleme, verursacht vor allem durch die ungleiche Verteilung von Ärztinnen und Ärzten, als Ausgangspunkt für eine prinzipielle Infragestellung bisheriger Strukturen genutzt werden könnten. Müssen der Arzt/die Ärztin in der Einzelpraxis als Kleinunternehmen dominierend für die ambulante Versorgung bleiben? Plädiert wurde dafür, bei der Überwindung der sektoralen Trennung zwischen Krankenhaus und Ambulanz dem poliklinischen Gedanken wirklich zum Durchbruch zu verhelfen und somit auch mehr Angestelltenverhältnisse zu ermöglichen. Fahrbare Praxen wie auch Shuttle-Services könnten die Mobilität erhöhen und die Erreichbarkeit der gesundheitlichen Versorgungsangebote für die Patient/innen sichern.

Eine fundierte Datenbasis zur Ermittlung des tatsächlichen Bedarfs an Gesundheitsleistungen sei notwendig. Die Entscheidungen müssten in den Regionen, beispielsweise über Gesundheitskonferenzen, erfolgen und finanzielle Fehlsteuerung beendet werden und das Geld zur Organisation und Bezahlung der notwendigen Leistungen dorthin gehen, wo der Bedarf ist.

Gute Ausbildung – Gute Arbeit – Gutes Leben?!

Die Situation der Pflegekräfte in Krankenhäusern und Pflegeinrichtungen stand im Vordergrund des zweiten Blocks. Der Pflegenotstand sei längst Realität. Die Referentin und Referenten waren sich darin einig, dass die Arbeit der Pflegekräfte eine gesellschaftlich höhere Anerkennung verdiene. Hierzu gehöre eine bessere Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen. In der Altenpflege sei es hierfür bspw. unerlässlich, ein qualitatives Personalbemessungsinstrument zu entwickeln, mit welchem der tatsächliche Bedarf festgestellt werden könne. Bis zu dessen Einführung dürfe die Fachkraftquote von 50 Prozent nicht unterschritten werden.

Kontrovers diskutiert wurde die Frage, ob die Ausbildung auf Hochschulniveau erfolgen sollte. Die Befürworter erhoffen sich hierdurch eine deutliche Aufwertung des Pflegeberufs. Die Kritiker entgegneten, dass es hierdurch zu einer Hierarchisierung der Pflegeberufe komme. Die Erfahrungen aus anderen europäischen Ländern belegten, dass nur wenige Pflegende am Ende über einen akademischen Abschluss verfügten. Stattdessen solle die bestehende dreijährige Ausbildung gestärkt werden.

Solidarität oder Zwei-Klassenmedizin?

Im dritten Block wurden die Gerechtigkeitsdefizite in der Finanzierung des Gesundheitssystems unter die Lupe genommen und Alternativen vorgestellt. Die Zerschlagung der solidarischen Krankenversicherung dürfe nicht widerstandslos hingenommen werden. Ersichtlich wurde, dass die Alternativen, also die Konzepte der drei Oppositionsparteien mit dem Namen Bürgerversicherung, tatsächlich sehr verschiedene Auswirkungen für Patient/innen und Versicherte haben. Dennoch wurden wesentliche gemeinsame Elemente als wichtiger Schritt in die richtige Richtung gewertet, die eine Zusammenarbeit ermöglichen und erfordern. Einigkeit bestand in der Einschätzung, dass die letzte „Gesundheitsreform“, Versicherte und belaste und Arbeitgeber entlaste.

Übereinstimmend wurde von Vertreter/Innen der Politik, Gewerkschaften oder Sozialverbänden und der Gesundheitswissenschaft die Notwendigkeit gesehen, durch ein breites gesellschaftliches Bündnis der fortschreitenden Entsolidarisierung im Gesundheitssystem entgegen zu wirken.