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Foto: Rico Prauss

Gemeindefinanzbericht 2016: Das Gefälle zwischen reichen und armen Kommunen in Ost wie West auf hohem Niveau ausgleichen

Im Wortlaut von Susanna Karawanskij,

Von Susanna Karawanskij, Ost-Koordinatorin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

Jährlich erscheint der Gemeindefinanzbericht des Deutschen Städtetages und ebenso regelmäßig wird darin gemahnt, die Städte und Gemeinden finanziell stärker zu entlasten. Im Bericht 2016 geht es aus aktuellem Anlass darum, die Integration geflüchteter Menschen fair zu finanzieren und dabei die Handlungsfähigkeit aller Städte zu sichern.

Zurecht wird dort der Anstieg der Sozialausgaben als großes Problem betrachtet. Eben nicht nur wegen der Geflüchteten stiegen in diesem Jahr die Ausgaben um 10 Prozent auf 59 Milliarden Euro. Vor allem in strukturschwachen Regionen haben diese Ausgaben besonders fatale Auswirkungen. In weiten Teilen Ostdeutschlands oder des Ruhrgebiets gibt es beispielsweise einen hohen Anteil erwerbsloser Menschen. Ein Teufelskreis entsteht, weil die ohnehin schon armen Kommunen dadurch immer höhere Sozialausgaben schultern müssen, was sie weiter in der Verschuldungsspirale nach unten reißt. Die vom Bund eingeplanten Entlastungen über 5 Milliarden Euro ab 2018 reichen beileibe nicht aus.

Bund muss mehr Verantwortung übernehmen

Bereits im Dezember 2014 hat die Fraktion DIE LINKE daher einen Antrag (PDF) vorgelegt, in dem wir den Bund in die Verantwortung nehmen wollen und unter anderem fordern, dass der Bund den Ländern die den zuständigen Trägern entstehenden Nettoausgaben für Leistungen für Unterkunft und Heizung (KdU) im Jahr 2016 zu 50 Prozent, im Jahr 2017 zu 75 Prozent und ab dem Jahr 2019 zu 100 Prozent erstattet. Damit wäre den Städten und Gemeinden schon mal ein gutes Stück geholfen. Ziel muss bleiben, das immer stärker werdende Gefälle zwischen reichen und armen Kommunen in Ost wie West – beispielsweise beim Investitionsvolumen, wie bereits in den vergangenen Gemeindefinanzberichten konstatiert – auszugleichen.

Bemerkenswert ist das Vorhaben von Bund und Ländern, nach Auslaufen des Solidarpakts II ein gesamtdeutsches Regionalfördersystem einzurichten, um strukturschwachen Regionen ein Gleichziehen mit der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung zu ermöglichen. Die im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe regionale Wirtschaftsstruktur für Infrastruktur zur Verfügung stehenden jährlich 320 Millionen Euro gilt es dabei, deutlich aufzustocken.

Wir wollen einen Solidarpakt III für strukturschwache Regionen in Ost wie West

In weiten Teilen Ostdeutschlands ist in der Tat eine frappierende Wirtschaftsschwäche zu verzeichnen. Gründe dafür sind schnell gefunden: die Ausweitung prekärer Beschäftigung, der Niedriglohnbereich und eine kleinteilige Wirtschaftsstruktur. Alles in allem stagniert die ostdeutsche Wirtschaft seit Jahren bei 67 Prozent des West-Niveaus. Einem effektiven und gerechten Regionalfördersystem stellen wir uns bestimmt nicht in den Weg. Wir wollen weiterhin einen Solidarpakt III für strukturschwache Regionen in Ost wie West.

Nicht erst die fiskalischen Herausforderungen durch die Integration geflüchteter Menschen – bei der Integrationsfinanzierung zwischen Kommunen und Ländern bleiben derzeit leider noch viele Fragen offen – führen klar vor Augen, was DIE LINKE schon seit Jahren kritisiert: Die meisten Kommunen sind chronisch unterfinanziert. Die kommunale Selbstverwaltung kann mittlerweile oft allenfalls noch in Teilen wahrgenommen werden. Es herrscht bisweilen eine reine Verwaltung des Mangels. Deshalb muss zum Beispiel der immer noch bei 136 Milliarden Euro taxierte Investitionsstau endlich aufgebrochen werden. Nicht nur die Ausgaben belasten, es fehlen kontinuierlich höhere Einnahmen. Kommunen brauchen, um handlungsfähig zu sein und zu bleiben, Planungssicherheit durch stabile und bedarfsgerechte Steuereinnahmen.

Für eine umfassende Gemeindefinanzreform

Deswegen fordern wir auch eine umfassende Gemeindefinanzreform. Ein Schritt auf dem Weg dorthin wäre die Weiterentwicklung der Gewerbesteuer zu einer Gemeindewirtschaftsteuer mit breiterer Bemessungsgrundlage und unter Einbeziehung der freien Berufe (BT-Drs. 18/1094 und 18/3838). Ebenso werden wir uns bei der aktuellen Debatte um die Neuordnung der föderalen Finanzbeziehungen weiter für einen solidarischen und aufgabengerechten Länderfinanzausgleich einsetzen.

Jährlich grüßt das Murmeltier in Form des Gemeindefinanzberichts: Um Kommunen in die Lage zu versetzen, ihre Aufgaben, zu denen unter anderem eine gut ausgebaute soziale Infrastruktur gehört, zu erfüllen, muss die Finanzausstattung der meisten Kommunen in Ost und West nachhaltig gestärkt werden.