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Freihandel tötet.

Im Wortlaut,

Von Heike Hänsel und Niema Movassat





Anlässlich des Ausgangs der WTO-Konferenz in Bali bestärkt die Fraktion DIE LINKE ihren Widerstand gegen die Freihandelspolitik:

Der Freude des Noch-Wirtschaftsministers und der Industrie- und Handelskammer über den Abschluss von Bali schließt sich die Fraktion DIE LINKE nicht an. Denn die Verhandlungen haben gezeigt: Im Zweifel wirkt Freihandel tödlich. Zwar konnte Indien eine Ausnahmeregelung für seine Nahrungsmittelreserven durchkämpfen, aber diese gilt nur befristet und nicht für andere Länder. Weiterhin verbietet die Welthandelsorganisation (WTO) generell staatliche Maßnahmen zur Hungerbekämpfung, sobald sie den freien Markt beeinträchtigen.

Das ist pervers und zeigt einmal mehr, dass globale Entwicklungsfragen und erst recht die Frage der Ernährungssouveränität nicht im Kontext von Handelsliberalisierung verhandelt werden können. Die Fraktion DIE LINKE fordert schon seit langem, Fragen, die die Ernährung der Menschen betreffen, also auch den Handel mit Lebensmitteln, aus den WTO-Verhandlungen herauszunehmen und in die Vereinten Nationen zu verlagern, damit sie nicht zum Spielball anderer Interessen werden – nach dem Motto: Tausche Ernährungssouveränität gegen Marktzugang für Industriegüter.

Interessen der Exportwirtschaft stehen im Widerspruch zu Interessen der Hungernden

Weltweit wird ausreichend Nahrung produziert, um die gesamte Bevölkerung zu ernähren. Die Verteilung ist das Problem. Der Freihandel hat nicht zur Problemlösung beigetragen. Im Gegenteil: Wo heimische Produzenten im globalen Wettbewerb von ihren Märkten verdrängt werden, bleibt die Bevölkerung schutzlos zurück, sobald auf den Weltmärkten Preise steigen. Das haben wir in den letzten fünf Jahren wiederholt erlebt, zum Beispiel in Haiti – mit schrecklichen Folgen für die Betroffenen.

Die Interessen der Exportwirtschaft stehen im Widerspruch zu den Interessen der Hungernden. Die euphorischen Prognosen, weltweit würden durch den Bali-Abschluss Millionen von Arbeitsplätzen entstehen, die meisten davon in Entwicklungsländern, sind durch die Erfahrungen von Freihandelsabkommen zwischen unterschiedlich weit entwickelten Ländern längst widerlegt.

Wir kritisieren auch, dass die WTO weiterhin zweierlei Maß anlegt: Die lateinamerikanischen Regierungen konnten ihre Forderung nicht durchsetzen, dass das Handelsembargo der USA gegen Kuba klar verboten wird. Weiterhin heißt es also: freier Warenverkehr ja, aber nicht mit Kuba. Die Milliardenschäden, die das Embargo in Kuba anrichtet, sind hinreichend dokumentiert und waren erst in diesem Herbst wieder der Grund für eine fast einhellige Verurteilung der USA durch die UN-Generalversammlung. Dass Freihandel und Handelsembargo miteinander verträglicher sind als Freihandel und Ernährungssouveränität, zeigt vor allem eines: Die Interessen der großen Unternehmen stehen im Vordergrund, nicht das Wohlergehen der Menschen.


Bedürfnisse der Menschen in den Vordergrund stellen

Die WTO ist nicht automatisch die bessere Alternative zum Abschluss bilateraler Freihandelsabkommen. Für die Fraktion DIE LINKE stellt sich der Zusammenhang umgekehrt dar: Dass Schwellen- und Entwicklungsländer sich nun wieder stärker auf die WTO einlassen müssen, hängt damit zusammen, dass sie über die Strategie von EU und USA, in bilateralen Abkommen Fakten zu schaffen, unter Druck gesetzt werden. In diesem Kontext wirkt die WTO wie das kleinere Übel. Die Fraktion DIE LINKE lehnt auch deshalb das geplante Freihandelsabkommen zwischen EU und USA (TTIP) und alle weiteren Freihandelsprojekte strikt ab.

Nicht die Entwicklungsinteressen der Ärmsten sind dem freien Welthandel unterzuordnen. Sondern der Handel muss so organisiert sein, dass er die selbstbestimmte soziale und wirtschaftliche Entwicklung in den Ländern des Südens fördert. Dabei soll nicht der freie Wettbewerb im Vordergrund stehen, sondern die Bedürfnisse der Menschen. In Lateinamerika werden solche alternativen Ansätze bereits erprobt. Anstelle von Freihandel setzen die linken Regierungen Lateinamerikas im Rahmen des Handelsabkommens ALBA (Bolivarische Allianz) auf komplementären Austausch, und eine an den Bedürfnissen der jeweiligen Bevölkerung orientierte solidarische Ökonomie, verbunden mit sozialen Programmen.

linksfraktion.de, 10. Dezember 2013