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»Europa wird demokratisch, sozial und solidarisch sein oder nicht existieren«

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Beim politischen Jahresauftakt der Fraktion DIE LINKE im Bundestag am 16. Januar hat Alexis Tsipras gefordert, sich der Abschaffung der Demokratie in Europa durch die Bankenkrise entgegenzustellen. Der Vorsitzende der Linksfraktion SYRIZA im griechischen Parlament sagte, dass von den Märkten und Ratingagenturen keine Lösung der Krise zu erwarten sei. Das Finanzsystem müsse in den Dienst der Gesellschaft und nicht des Profits gestellt werden.

In seiner Rede vor mehr als 750 Gästen im Berliner Kino Kosmos erklärte Tsipras, dass es bei den laufenden Verhandlungen über den anvisierten Schuldenschnitt von 50 Prozent für Griechenland womöglich keine Einigung geben werde. Die Folge wäre wahrscheinlich eine geregelte Insolenz innerhalb des Euro. 

Scharf kritisierte er die verordnete Sparpolitik. Sie sei katastrophal. "Die Medizin erweist sich als schlimmer, als schmerzhafter als die Krankheit an sich." Die Sparpolitik sei der Grund, warum die Krise ihren Weg von der Peripherie in das "Herz der Eurozone" finde.

Tsipras wies darauf hin, dass von all dem Geld der Rettungsschirme, kein einziger Euro in die Realwirtschaft Griechenlands fließen werde. 40 Milliarden gingen an die Banken, 30 Milliarden an die Inhaber von Staatsanleihen und 20 Milliarden unmittelbar für ablaufende Staatsanleihen. 


»Wo ist der Reichtum hin?«   Er räumte gleichzeitig mit vielen Klischees über  Griechenland auf, die von deutschen Medien kolportiert werden. Er erinnerte daran, dass Griechenland bis zum Jahr 2005 das Land mit den größten Wachstumsraten gewesen sei. Selbst heute, da Griechenland kurz vor der Insolvenz stehe, gehöre es zu den 30 reichsten Ländern der Welt. Seit 1998 sei das Bruttoinlandsprodukt innerhalb von zehn Jahren um 50 Prozent gestiegen. "Wo ist all dieser Reichtum hin?", fragte er. Höhere Löhne und Renten habe es nicht gegeben, vielmehr sei dieser Reichtum in die Taschen von Bankiers und Kapitalisten geflossen, was durch ein sozial unausgewogenes Steuersystem ermöglicht worden sei.    Im Kern handele es sich um eine systemische Krise, eine Eurokrise, die auf Fehler bei seiner Einführung zurückzuführen sei. Griechenland spiele dabei die Rolle eines Versuchskaninchens – mit katastrophalen Folgen für das Land. Griechenland werde sozial zerstört. Die Arbeitslosigkeit sei binnen weniger Jahre von elf auf 24 Prozent angestiegen. Jeder Zweite unter 24 Jahren sei arbeitslos. Tausende junge Wissenschaftler seien gezwungen, Hellas zu verlassen. Die Obdachlosigkeit nehme dramatisch und für jeden sichtbar zu. Trotzdem zwinge die Troika das Land, an dem fatalen Sparkurs festzuhalten und Löhne und Gehälter weiter zu kürzen. "Diese Politik ist nicht sozial ungerecht, sondern auch ergebnislos. Die Staatsschulden sind nicht gesunken, sondern vielmehr rasant angestiegen." Ziel dieser Politik sei zudem, die verfassungsgemäße Legalität zu umgehen, eine Schnellgesetzgebung einzuführen und öffentliche Güter zu geringen Preisen zu verscherbeln.    Tsipras forderte: "Wir müssen uns der Abschaffung der Demokratie entgegenstellen. Das Finanzsystem muss in den Dienst der Gesellschaft und nicht des Profits gestellt werden. Reichtum soll besteuert werden und nicht die Armut." Außerdem müsse die EZB in die Lage versetzt werden, Geld direkt an Staaten verleihen zu können. Der 37-Jährige schloss mit den Worten: "Heute können wir sagen, dass das vereinigte Europa entweder demokratisch, sozial und solidarisch oder nicht sein wird. Lasst uns also alle dafür kämpfen, damit es dieses Europa geben wird – mit unserer Vision des Sozialismus."