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Europa im Aufbruch

Nachricht,

Von Sophie Freikamp und Paul Schwenn

 

Wenn Frankfurt/Main Mittelpunkt der aktiven linken Szene wird, wenn sich Menschen aller Altersklassen und Herkunftsländer versammeln, um gegen die menschenunwürdige Kürzungspolitik der Troika zu protestieren, dann findet höchstwahrscheinlich gerade Blockupy statt. In diesem Jahr ist der Ansturm besonders groß, da die Europäische Zentralbank (EZB) ihre feierliche Neueröffnung am Mittwoch, dem 18.03.2015, zelebriert. Die Protestler feiern die EZB nicht, sie demonstrieren gegen die europäische Austeritätspolitik, solidarisieren sich mit der krisengebeutelten Bevölkerung der Südstaaten Europas.

Schon am Vorabend der großen Demonstration war die Stimmung der Aktivisten gut. Im mehr als gut gefüllten Saal des DGB-Gewerkschaftshauses trafen sie sich am Dienstagabend zu einer Veranstaltung der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag mit dem Titel „Nach der Wahl in Griechenland: Neue Chancen für eine linke Politik in Europa?“. Auf dem Podium diskutierten Giorgos Chondros, Mitglied des Vorstandes der griechischen Regierungspartei Syriza, Paloma Lopez, Mitglied der spanischen Partei Izquierda Unida und Europaabgeordnete, und Katja Kipping, Vorsitzende der Partei DIE LINKE und Mitglied des Bundestages. Moderiert wurde die Debatte von Nicole Gohlke, Abgeordnete der Fraktion DIE LINKE.

In ihren Eröffnungsstatements berichteten der Grieche Chondros und Spanierin Lopez von der politischen Lage in ihren Ländern. In Griechenland hat Chondros' Partei vor wenigen Wochen die Wahl gewonnen, Syriza stellt nun die Regierung. Er sagte: „Der erste Schritt ist getan, die Wahlen sind gewonnen, jetzt müssen wir zwei Bedingungen erfüllen, um erfolgreich zu sein. Erstens: Die griechische Bevölkerung muss weiter geschlossen hinter uns stehen. Zweitens: Wir müssen gut vernetzt sein, brauchen Bündnispartner europaweit. Am meisten ist uns geholfen, wenn sich das Kräfteverhältnis in ganz Europa verändert, die Linke gestärkt wird. Das ist die beste Form der Solidarität mit Griechenland.“

Paloma Lopez, Mitglied im Europäischen Parlament beschrieb ausführlich die Situation in Spanien: Die Arbeitslosigkeit liege im Moment bei 25 Prozent, die Jugendarbeitslosigkeit sogar bei über 50 Prozent. In Spanien seien inzwischen 30 Prozent der Menschen arm, 10 Prozent dieser Menschen lebten trotz Erwerbstätigkeit in Armut. Die Wohnsituation sei problematisch und die Kürzungen im Gesundheits- und Sozialsystem hätten besonders Frauen unter Druck gesetzt, weil die Systeme versagten und Pflege und Kinderbetreuung oft an der weiblichen Bevölkerung hängen bleibe.

Katja Kipping betonte, dass es nicht nur den Aufbruch der griechischen und spanischen Linken in Europa brauche, sondern den der gesamten europäischen Linken, um die Austeritätspolitik zu stoppen. Einig sind sich alle Diskutierenden darin, dass die Linke in Europa noch enger zusammenrücken, sich solidarisieren muss, dass Schluss sein muss mit den Forderungen der Troika, der Politik „im Interesse von Millionären und Bänkern“, so Kipping.

Die Zuhörer und Zuhörerinnen verfolgten die Berichte und unterschiedlichen Blickwinkel aufmerksam und stellen Fragen. Eine positiv-aufgeregte Stimmung war inzwischen deutlich spürbar, schon morgen werden die Aktivisten vor der EZB stehen. Noch während der Diskussion erreichten immer mehr Nachzügler das Gewerkschaftshaus, die Sprachen und Dialekte werden vielfältiger, das Publikum bunter und internationaler. Eine echt europäische Veranstaltung.

 

linksfraktion.de, 18. März 2015