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Eine neue Verfassung für eine demokratische, freiheitliche, soziale und Frieden sichernde Europäische Union

Nachricht von Diether Dehm,

Führende Politiker der europäischen Linken, unter ihnen Fausto Bertinotti, Präsident der italienischen Abgeordnetenkammer, Marie-George Buffet, Präsidentschaftskandidatin der französischen Linken, und Francis Wurtz, Vorsitzender der konföderalen Fraktion der Vereinten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke (GUE/NGL) im Europäischen Parlament, sind heute in Berlin auf Einladung der Bundestagsfraktion DIE LINKE. zusammengekommen, um ihre Positionen in der europäischen Verfassungsdiskussion untereinander auszutauschen und um gemeinsame Positionen hierzu zu formulieren. Diether Dehm, europapolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE., fasste die Ergebnisse der Konferenz zusammen.

Wir stehen am Anfang dieses Weges nach Europa, zu einer demokratischen, freiheitlichen, sozialen und Frieden sichernden Europäischen Union.

Es ist aus dieser Diskussion deutlich geworden: Die Linke in Europa will ein demokratisch verfasstes Europa, das Bürgerrechte und Menschenrechte schützt und einklagbar macht. Sie will ein Europa der Staaten und Völker bei Sicherung der Subsidiarität für die Nationalstaaten. Sie will ein anderes Europa, ein Europa, das sowohl Demokratie und Bürgernähe sichert als auch soziale Grundrechte garantiert.

Mit ihrem neoliberalen Kurs haben die konservativen Kräfte die Europaskepsis massiv befördert. Die Ablehnungen des Verfassungsvertrages in Frankreich und in den Niederlanden haben hier ihre Ursachen. Die europäische Linke ist aufgefordert, dieses politische Vakuum jetzt mit ihren Vorstellungen zu füllen.

Die Linke will den zivilen Charakter der Union festigen und deren Ziele mit politischen und diplomatischen Mitteln verfolgen. Die Rechte von Mitgliedsstatten auf individuelle Selbstverteidigung, Bündnisverpflichtungen und der neutrale Status von Mitgliedsstaaten bleiben unberührt. Die Linke strebt für die Gemeinschaft eine Europäische Agentur für Abrüstung, Rüstungskontrolle und Konversion an. Sie lehnt die vom Verfassungsvertrag vorgesehene enge Verknüpfung von NATO und EU ab.

Die Linke will Eigentum verfassungsrechtlich schützen und zugleich auch den Erfordernissen des Gemeinwohls unterstellen. Die Linke will keine Verfassung der Union, die in den Mitgliedstaaten die Privatisierung von bestehenden öffentlichen Unternehmen und Einrichtungen der Daseinsvorsorge erzwingt oder die entschädigungspflichtige Überführung von Unternehmen in Formen des Gemeineigentums versagt.

Die Neoliberalen sind mit ihrer Politik in der Gemeinschaft gescheitert. Massenarbeitslosigkeit und auf breiter Front schrumpfende Realeinkommen der Arbeitnehmer sprechen eine klare Sprache für eine andere, eine aufgeklärte Wirtschaftspolitik. Alle Organe der Gemeinschaft und der Mitgliedsstaaten sind zu verpflichten, mit ihrer Fiskal-, Haushalts-, Währungs- und Wirtschaftspolitik ein angemessenes und stetiges, strengen ökologischen Kriterien entsprechendes Wachstum der Wirtschaft zu verfolgen, das zugleich der Vollbeschäftigung, der Preisniveaustabilität und dem außenwirtschaftlichen Gleichgewicht dient. Die Linke will, dass alle Organe der Gemeinschaft demokratisch kontrolliert werden. Dazu gehört auch die EZB. Sozialcharta und Wettbewerbsregeln müssen verbindlich Sozial-, Lohn-, Umwelt- und Steuerdumping ausschließen und einen auskömmlichen sozialen Mindeststandard in der Union garantieren.

Um demokratische Willens- und Entscheidungsbildung in der EU zu stärken, soll das Europäische Parlament an den Entscheidungen der Gemeinschaft stärker als bisher beteiligt werden. Auch das Parlament muss, wie die Kommission, Gesetzgebung initiieren können. Die Linke will keinen europäischen Superstaat, sondern eine Union mit fair geregelten Stimmrechten der Mitgliedstaaten im Rat.

Die Krise der Europäischen Union wird nur enden, wenn die Menschen von Anfang an demokratisch - beispielsweise durch die Wahl einer verfassunggebenden Versammlung - an einem neuen Anlauf zur Vertragsgestaltung Europas beteiligt werden.