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Im Wortlaut von Stefan Liebich,

Von Stefan Liebich
 




Nachdem der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch kürzlich ein über mehrere Jahre ausgehandeltes Assoziierungsabkommen seines Landes mit der EU nicht unterzeichnet hat, spitzte sich die Lage in dem osteuropäischen Land zu. In Kiew und anderen Städten gab es massive Proteste gegen den Kurs der Regierung, welche die Polizei auch gewaltsam zu stoppen versuchte.

Ein Misstrauensvotum gegen die ukrainische Regierung scheiterte im Kiewer Parlament jedoch deutlich. Nur 186 Parlamentarierinnen und Parlamentarier befürworteten eine entsprechende Abstimmung, nötig gewesen wären 226.

Seit Anfang der Woche kursieren Gerüchte, dass die Regierung den Maidan-Platz räumen lassen will. Von Protestierenden errichtete Barrikaden werden durch die Polizei weggeräumt. In der Nacht zum Mittwoch ging die Polizei laut Medienmeldungen mit Schlagstöcken gegen die Protestierenden vor. Die Lage ist angespannt.
 

Zur Protestbewegung gehört auch eine rechtsextreme Partei

Inzwischen hat die  Außenbeauftragte der EU, Catherine Ashton, ihren Besuch in der Ukraine angekündigt. Sie will sich mit Oppositionellen und der Regierung treffen und zwischen den Parteien vermitteln. Auch die USA schalten sich in den Konflikt ein. In einem Telefongespräch forderte US Vizepräsident Joe Biden den ukrainischen Präsidenten auf, mit der Opposition über eine Lösung zu sprechen. Aus Russland kommen bisher ausschließlich protestkritische Töne. Der Chef der vor wenigen Tagen von Wladimir Putin gegründeten  internationalen Nachrichtenagentur "Rossija Segodnja", Dmitri Kisseljow, will gar eine Verschwörung zur "Homosexualisierung der Ukraine" festgestellt haben, weil sich Klitschko mit Westerwelle traf.

Es gibt sicher viele Gründe, Janukowitsch und der ukrainischen Regierung das Misstrauen auszusprechen, das gilt allerdings auch für manche Protagonisten der Proteste. Die Medien in Deutschland zitieren als einen Sprecher der Oppositionsbewegung den Chef der Partei "Swoboda" Oleg Tjahnybok. Dabei wird jedoch zunehmend ausgeblendet, dass es sich bei "Swoboda" um eine rechtsradikale Partei handelt, die durch rassistische und antisemitische Forderungen und Parolen auffällt. So erklärte der 45jährige Parteichef, dass die Ukraine von einer russisch-jüdischen Mafia beherrscht werde. Im Wahlprogramm finden sich Forderungen nach ethnischen Nachweisen in Reisepässen. Andere Parteien arbeiten mit der "Swoboda" zusammen, ohne diese Forderungen und Äußerungen zu hinterfragen, darunter auch die Partei Vitali Klitschkos "Udar". Es ist uns wichtig, dass hier in Deutschland klar gesagt wird, dass es sich bei "Swoboda" um Rechtsextreme handelt, die versuchen, sich durch diese Proteste zu profilieren.

Die große Mehrheit der Menschen, die in den Städten der Ukraine auf die Straße geht, tut dies jedoch aus ehrlichem Herzen und viele distanzieren sich von Rechtsextremen und ihrem Gedankengut. Die Forderung nach mehr Zusammenarbeit mit der EU ist legitim und der Wunsch nach Reisefreiheit zu unterstützen. Es muss den Ukrainerinnen und Ukrainern ermöglicht werden, ihren Protest friedlich und mit demokratischen Mitteln vorzutragen. Die Menschenrechte, auf die sich die Ukraine als Mitgliedsstaat der OSZE und des Europarats verpflichtet hat, sind strikt einzuhalten. Unabhängig davon fordern wir die EU auf, ihre Visapolitik gegenüber der Ukraine zu liberalisieren.

Ukrainer sollen souverän entscheiden können

Die Ukrainerinnen und Ukrainer wollen demokratische Verhältnisse, Gerechtigkeit und eine auskömmliche wirtschaftliche Perspektive. Weniger Korruption, mehr Chancengleichheit und mehr Rechtsstaatlichkeit sind legitime Anliegen der Demonstranten. Es ist ein Fehler, wenn die EU nur auf eigene wirtschaftliche Vorteile bedacht ist und der Verbesserung der sozialen Situation in der Ukraine nur ein geringes Augenmerk schenkt.

Wir sind der Ansicht, dass die Menschen in der Ukraine in die Lage versetzt werden müssen, souverän zu entscheiden. Erpressungsversuche, sei es von Seiten der EU oder von Russland, müssen unterbleiben.

linksfraktion.de, 11. Dezember 2013