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Ein Justizbeamter in einem Gerichtssaal trägt eine Schutzweste mit der Aufschrift Justiz © dpa/Marcel KuschFoto: dpa/Marcel Kusch

Deutschland braucht ein Unternehmensstrafrecht

Nachricht von Niema Movassat,

Derzeit nimmt Deutschland in Europa eine Sonderrolle in puncto Unternehmen ein. Deutschland ist nämlich eines der wenigen Länder, welches nicht über ein Unternehmensstrafrecht verfügt. 21 von 28 europäischen Länder sehen bereits eine Sanktionierung von Unternehmen vor, wenn diese Straftaten begehen. DIE LINKE fordert nun in einem Antrag [PDF] ein Unternehmensstrafrecht auch in Deutschland einzuführen.

Die zahlreichen Skandale (Diesel-Affäre, Cum-Ex) und zuletzt auch die Anklageerhebung gegen den ehemaligen VW-Konzernchef Martin Winterkorn bestätigen das, was schon seit längerem Viele dachten: Dass die oberste Chefetage Kenntnis von den Diesel-Manipulationen hatte.

Doch was nun? Einzelne Personen werden möglicherweise verurteilt. Doch die Unternehmen als Solches kommen davon. Dass nur gegen einige einzelne Personen ermittelt wird, trifft nicht den Kern des kriminellen Unrechts. Wenn Konzerne sich als Ganzes wie in der Dieselabgas-Affäre, kriminell verhalten, dann muss gegen das Unternehmen selbst vorgegangen werden, damit solche Unternehmenspraktiken abgestellt werden. Nur so kann dafür gesorgt werden, dass Unternehmen in Zukunft ein redliches Verhalten an den Tag legen.

Derzeit können Unternehmen lediglich über das Ordnungswidrigkeitengesetz (OwiG) haftbar für die strafrechtlichen Verfehlungen einer Leitungsperson gemacht werden. Jedoch weisen die Regelungen im Ordnungswidrigkeitenrecht erhebliche Mängel auf. Das größte Problem im OWiG ist, dass es den Staatsanwaltschaften frei steht, ob sie ermitteln wollen oder nicht (Opportunitätsprinzip). Dies muss mit dem Unternehmensstrafrecht dahingehend geändert werden, dass die Staatsanwaltschaften gezwungen sind, Ermittlungen durchzuführen, wenn ein Anfangsverdacht vorliegt (Legalitätsprinzip). Zudem sehen die jetzigen Regelungen nur Höchstgeldbußen von maximal 10 Millionen Euro vor. Für Riesenkonzerne wie die Deutsche Bank, welche im letzten Jahr 25 Milliarden Euro Umsatz machte, sind 10 Millionen Euro Peanuts und würden aus der Portokasse bezahlt werden.

In den Diskussionen im Plenum waren sich alle Fraktionen - außer FDP und AfD- einig, dass das jetzige System Schwächen aufweist. Die Regierungsparteien schlagen in ihrem Koalitionsvertrag eine Änderung des § 30 OWiG vor. Bisher wurde aber nichts vorgelegt.

In meiner Rede [YouTube] ging ich darauf ein, dass Unternehmen fast alle Rechte haben, die auch natürlichen Personen zukommen. So können sie Eigentum erwerben und werden durch die Grundrechte geschützt, genießen also alle Vorteile des demokratischen Rechtsstaates. Anders aber als für jede natürliche Person gilt für sie nicht das scharfe Schwert des Strafrechts. Diese Rosinenpickerei ist inakzeptabel. Deshalb fordern wir als LINKE die Einführung eines Unternehmensstrafrechtes.