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Desolater Zustand der Regierung setzt sich im Untersuchungsausschuss fort

Nachricht von Paul Schäfer,

Die Hardliner innerhalb der Regierungskoalition scheinen gegenüber den Aufklärern die Oberhand zu gewinnen. Den Oppositionsantrag auf Gegenüberstellung des Verteidigungsministers mit den von ihm geschassten Generalinspekteur und Staatssekretär schmetterten Union und FDP ab. Ein demokratisches Grundrecht der Bevölkerung ist in Gefahr, warnt Paul Schäfer, für DIE LINKE Obmann im Kundus-Untersuchungsausschus, nach der Beratung am 17. Juni 2010.

Sofort-Inof Nr. 11

Die heutige Sitzung des Untersuchungsausschuss fand unerwarteterweise ohne Zeugenanhörung statt. Ursprünglich sollte der Staatsekretär im Bundesverteidigungsminister Wolf vor dem Untersuchungsausschuss aussagen. Dazu kam es jedoch nicht mehr. Er soll nun für den 8. Juli geladen werden.

Was ist geschehen? Der desolate Zustand der Bundesregierung scheint auch im Untersuchungsausschuss angekommen zu sein. Konfusion und Kompetenzgerangel zwischen den Vertretern der Regierungsfraktionen sind zu beobachten. Es geht ganz offensichtlich um den Kurs, den Union und FDP gegenüber den Oppositionsfraktionen einschlagen wollen. Die Hardliner innerhalb der Koalition scheinen gegenüber den Aufklärern die Oberhand zu gewinnen und damit die Aufklärungsarbeit erfolgreich zu sabotieren:

Den Oppositionsantrag auf Gegenüberstellung des Bundesverteidigungsministers zu Guttenberg mit dem von ihm geschassten Generalinspekteur Schneiderhan und dem ebenso geschassten Staatssekretär Wichert schmetterten die Regierungsfraktionen ab. Zu groß ist ihnen das Risiko, dass ihr Verteidigungsminister bei der Gegenüberstellung an Glaubwürdigkeit verlieren und dadurch Schaden nehmen könnte.
Die Oppositionsfraktionen werden prüfen, ob sie in punkto Gegenüberstellung eine Klage beim Bundesgerichtshof einreichen werden.

Des weiteren brachten die Regierungsfraktionen einen Verfahrensantrag ein, der ein früheres einvernehmlich vereinbartes Verfahren zur Öffentlichkeit des Untersuchungsausschuss nun kippte. Galt bisher, dass die politischen und militärischen Leitungsträger bis auf Abteilungsleiterebene unter Beteiligung der Öffentlichkeit angehört werden, so wurde diese Transparenz nun beendet. Zuviel Öffentlichkeit in der Aufklärung zum Kundus-Massaker schadet dem sonst den Medien gegenüber sehr aufgeschlossenen Strahlemann zu Guttenberg wohl ebenso wie die Gegenüberstellung mit dem ehemaligen Staatssekretär Wichert und dem ehemaligen Generalinspekteur Schneiderhan. Aber auch alle übrigen noch zu vernehmenden Zeugen sollen auf diese Weise vor zuviel Öffentlichkeit geschützt werden. Die Grenzen der demokratischen Kontrolle sind für die Regierungsfraktionen offensichtlich erreicht.

Dieser radikale Kurs der Öffentlichkeitsverweigerung der Regierungsfraktionen bedeutet einen Bruch mit dem bisherigen Konsens im Untersuchungsausschuss. Dieser beinhaltete sachlich-professionell, öffentlichkeits- und aufklärungsorientiert zu arbeiten und den Untersuchungsausschuss noch in diesem Jahr zu beenden. Angesichts dessen ist ernsthaft zu prüfen, einen neuen parlamentarischen Untersuchungsausschuss nach Art. 44 Grundgesetz einzusetzen, der grundsätzlich öffentlich tagen würde. Untersuchungsausschüsse sollen schließlich Licht ins Dunkel bringen, statt zu verschleiern.

Es geht um nichts weniger als um das demokratische Grundrecht der Bevölkerung zu erfahren, welche Politik die von ihnen gewählten Parteien und Regierungen machen. Nur so kann Demokratie funktionieren.