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Der Sozialstaat wirkt, aber seit 2006 knapp ein Drittel schlechter

Nachricht von Matthias W. Birkwald,

Anlässlich des zehnten Geburtstages der Hartz-Reformen behauptete Bundesarbeitsministerin Ursula von Leyen gegenüber der Passauer Neuen Presse (15.08.2012), dass die Reformen "nicht mehr Armut, sondern mehr Chancen" bedeuteten. Das ist falsch, wie die bereits vor dieser Äußerung gegebene Antwort ihres Ministeriums auf eine Frage von Matthias W. Birkwald, Mitglied der Fraktion DIE LINKE im Ausschuss für Arbeit und Soziales, belegt.
"Der Sozialstaat wirkt immer weniger. Das ist die Folge der verheerenden rot-grünen Hartz-Reformen, von der die schwarz-gelbe Regierung, aber ebenso wenig SPD und Grüne partout nicht abweichen wollen."

Angesichts dieser Entwicklung fordert Birkwald: "Der Kampf gegen Armut muss ganz nach oben auf die politische Agenda gesetzt werden. Wir brauchen endlich einen sozialpolitischen Dreiklang von gesetzlichem Mindestlohn, sanktionsfreier Mindestsicherung und Solidarischer Mindestrente. Dann könnten die Menschen frei von Armut leben."

Abb. 1: Absturz des Wirkungsgrades des Sozialstaats von 2006 bis 2010 um 30,8 Prozent: Entwicklung der Armutsquote vor und nach Sozialleistungen nach EU-SILC



Noch in diesem Sommer will die Bundesregierung den vierten Armuts- und Reichtumsbericht vorlegen. Im Dritten Armuts- und Reichtumsbericht machte der damalige Minister Olaf Scholz die Wirkung des Sozialstaats daran fest, dass die Armutsrisikoquote durch die Sozialleistungen deutlich gesenkt worden war: 2006 betrug die Armutsrisikoquote vor Auszahlung von Sozialleistungen knapp 26 Prozent (genau: 25,7 %), aber nach Auszahlung von Sozialleistungen 13 Prozent (genau: 12,5 %). Das entspricht einem Wirkungsgrad von 51 Prozent.

Seitdem ist die Armutsquote von 12,5 Prozent auf 15,6 Prozent gestiegen. Aber nicht nur das: Verglichen mit 2006 hat die Wirkung des Sozialstaates um knapp ein Drittel (30,8 %) nachgelassen.

So beträgt heute die Armutsrisikoquote vor Auszahlung von Sozialleistungen 24,2 Prozent und nach Auszahlung von Sozialleistungen 15,6 Prozent. Das entspricht einem Wirkungsgrad von nur noch 35,5 Prozent. Der Wirkungsgrad des Sozialstaats ist also in den vergangenen Jahren um knapp ein Drittel (30,8 %) gesunken (Tab. 1 - Die Tabelle finden Sie auch in dem anhängenden PDF.).