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Damit Recht haben etwas nützt

Kolumne von Martina Bunge,

Von Martina Bunge, gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

Wir erleben in der derzeitigen Finanzmarktkrise, wie hartgesottene Systemrepräsentanten plötzlich der LINKEN recht geben und feststellen, dass der Kapitalismus - wer hätte das gedacht - wohl doch nicht der Weisheit letzter Schluss sei. Meine Fraktionskollegin Luc Jochimsen fragt aber in einer der letzten Kolumnen zurecht, was das nutzt. Diese Frage muss ich mir als Gesundheitspolitikerin leider auch zu oft stellen.

Was nützt es, wenn die große Mehrheit der Bevölkerung - durchdacht oder instinktiv - weiß, dass nur eine solidarische Finanzierung unserer Gesundheits- und Pflegeversorgung gerecht und sicher ist? Die Menschen wollen nicht, dass die sozialen Sicherungssysteme den Marktmechanismen unterworfen werden und Gesundheits- und Pflegeleistungen zu einer Ware werden, die maßgeblich vom Inhalt des Portemonnaies abhängen. Und die Menschen wissen nur zu genau, dass Geld in den Händen von Versicherungen, die damit am Finanzmarkt spekulieren gehen, alles andere als ein sicherer Scheck auf die Zukunft ist.

Die meisten Menschen wissen es. Die oben beschriebenen bisherigen Systemverfechter wissen es seit kurzem auch. Nur die schwarz-gelbe Bundesregierung will nichts wissen und verschließt Augen und Ohren. Gesundheitsminister Bahr macht Angst vor der Unfinanzierbarkeit der künftigen Pflege, wie Ex-Gesundheitsminister Rösler die Kostenexplosion und Unfinanzierbarkeit des Gesundheitssystems proklamierte. Niemanden wundert es, dass Neoliberale auch neoliberale Lösungen für selbst aufgebauschte Probleme aus ihrem Hut ziehen: Kopfpauschale in der Krankenversicherung und Kapitalstock in der Pflegeversicherung. Das noch ungekürte Unwort des Jahres lautet dabei demographischer Wandel.

Zu dumm, dass diejenigen, die recht haben, so unsympathisch wirken, wenn sie sagen, dass sie es besser wussten. Aber wir haben es schon lange gewusst und auch laut gesagt, dass die Lösung künftiger Finanzierungsfragen der sozialen Sicherungen in der Solidarität und nicht in ihrer Abschaffung liegt.

Punktgenau zur Debatte um einen Kapitalstock in der Pflege sind nun die Ergebnisse der wissenschaftlichen Studie über die Auswirkungen unserer Bürgerinnen und Bürgerversicherung auf die Kranken- und Pflegeversicherung da. Und diese Ergebnisse zeigen scheinbar eine ganz andere Welt. Die Beiträge zur Krankenversicherung könnten deutlich sinken und wären trotz Abschaffung der Praxisgebühren und anderer Zuzahlungen langfristig stabil. Die Beiträge zur Pflegeversicherung würden trotz Verbesserungen sinken und böten Möglichkeiten und Spielräume, das Waisenkind Pflege endlich in die Familie aufzunehmen und angemessen einzukleiden. Zusätzlich würde die Bürgerversicherung auch noch zum Jobmotor, denn durch die gewonnene Kaufkraft, besonders der niedrigeren Einkommen, kommt die Binnenwirtschaft in Schwung. Die Studie sagt langfristig über 500 000 Stellen voraus.

Im Gesundheitssystem würde eine Medizin mit solchen Vorzügen und geringen Nebenwirkungen sofort in die Regelversorgung übernommen. In der Gesundheitspolitik müssen wir dafür kämpfen. Dazu werden wir als erstes unseren Antrag zur Bürgerinnen- und Bürgerversicherung mit den Zahlen der Studie aktualisieren. Aber im Parlament, bei schwarz-gelber Mehrheit, wird sich bis zur Wahl 2013 nicht viel tun. Daher gilt es, ein breites Bündnis für eine Bürgerversicherung zu schaffen und unsere Vorstellungen darin zu verankern. Denn auch die Gewerkschaften, die Grünen, Teile der SPD und zahlreiche Sozialverbände fordern eine Bürgerinnen- und Bürgerversicherung. Die Konzepte weichen zum Teil in einigen entscheidenden Punkten voneinander ab, das Konzept der LINKEN schreitet am konsequentesten voran. Dennoch setzen wir uns intensiv für eine konstruktive Diskussion und einen breiten Konsens der fortschrittlichen sozialen Kräfte zur Einführung der Bürgerinnen- und Bürgerversicherung ein. Damit Recht haben etwas nützt.