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CDU/CSU, FDP und SPD verweigerten menschenwürdiges Existenzminimum bei Hartz IV

Im Wortlaut von Diana Golze,

Die Neuregelung des Regelsatzes wurde im Bundestag verabschiedet.

Von Diana Golze

Das Bundesverfassungsgericht hat vor über einem Jahr die Hartz-IV-Regelsätze für verfassungswidrig erklärt. Das Urteil hätte der Startschuss zu einer neuen Politik sein müssen: statt Beförderung von Armut und Ausgrenzung eine Politik der sozialen Umverteilung und der Sicherheit sozialer Rechte. Die Bundesregierung aber hält Kurs: es geht weiter mit sozialer Polarisierung, Armutsregelsätzen, massivem Druck auf die Betroffenen und einer Ausweitung des Niedriglohnsektors. Mit dem Haushaltsbegleitgesetz wurde die Ausgaben für Hartz IV um 3,8 Mrd. Euro gekürzt. Der befristete Zuschlag beim Übergang von ALG I zu ALG II wurde abgeschafft, die Beiträge zur Rentenversicherung ebenso wie das Elterngeld für Hartz IV Beziehende gestrichen. Die Fördermaßnahmen wurden massiv reduziert.

Das Verfassungsgericht hat die Bundesregierung zu einer Neuermittlung des Regelsatz verpflichtet. Das Hartz IV Gesetz schreibt Hartz IV als Armut per Gesetz fort und verweigert den betroffenen Leistungsberechtigten ein menschenwürdiges Existenzminimum. Die Bundesregierung hat getrickst und manipuliert, bis eine Minimalanpassung um 5 Euro für Erwachsene errechnet wurde. Die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts wurden verletzt – das Ergebnis ist verfassungswidrig. Mit 364 Euro Regelsatz wird nicht einmal der Preisanstieg ausgeglichen. 5 Euro „mehr“ Regelsatz bedeuten tatsächlich einen Kaufkraftverlust.

Die Regelsätze für weitere Erwachsene im Haushalt wurden überhaupt nicht ermittelt, sondern einfach wie gehabt geschätzt. Die Regelsätze für Kinder werden nicht angehoben, nach der Berechnung der Bundesregierung seien die Leistungen sogar zu hoch angesetzt. Daher werden die Kinderregelsätze in der nächsten Zeit nicht weiter angehoben. Eine eigenständige Ermittlung des Bedarfs von Kindern ist nicht erfolgt.

Die Übernahme der angemessenen Kosten der Unterkunft gehört zu dem Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum. Dieser Standard muss daher in jedem Einzelfall gesichert sein. Dies geht nicht mit der pauschalierten Leistung, die nun im Gesetz ermöglicht wird. Es drohen erhebliche Kosten für die Leistungsberechtigten.

Das sog. Bildungs- und Teilhabepaket löst weder die Probleme der Bildungsfinanzierung noch der sozialen Ausgrenzung von Kindern im Hartz IV-Bezug. Tatsächlich kommen lediglich etwas mehr als 600 Mio. Euro von den  öffentlich gestreuten 1,6 Mrd. Euro den Kindern von Hartz IV Beziehende zugute. Und zynischerweise bezahlen die Betroffenen letztlich selbst für das Paket durch die Streichung des Elterngeldes für Hartz-IV-Beziehende. Frei verfügbares Geld wird ersetzt durch diskriminierende Gutscheine, die bürokratisch teuer beantragt werden müssen. 160 Mio. Euro fließen allein in zusätzliche Verwaltung, statt den Kindern zu helfen.

Die Verhandlungen im Vermittlungsausschuss haben in der Substanz trotz des inszenierten öffentlichen Streits keine nennenswerten Verbesserungen gebracht: keine Erhöhung des Regelsatzes, kein allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn und keine Umsetzung des Prinzips gleiches Geld für gleiche Arbeit in der Leiharbeit. Die Ergebnisse sind ein Hohn: die vereinbarten drei Euro mehr Regelsatz ab 2012 sind eine zwingende Fortschreibung der Regelleistungen. Es gibt keinen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn, der dem Lohndumping entgegenwirken würde. Es wird nicht einmal gesichert, dass eine vollzeiterwerbstätige Person nicht zusätzlich auf Hartz IV angewiesen ist. Die Zusagen zur Einführung von Mindestlöhnen sind ein Hohn: 7,79 Euro bei der Leiharbeit im Westen sowie 6,89 Euro im Osten bedeuten eine Bestätigung des Lohndumpings durch Leiharbeit. Von der Einführung des Prinzips „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ in der Leiharbeit ist keine Rede mehr. Die „Zusagen“ der Bundesregierung, bei weiteren Branchen einen Mindestlohn einzuführen, beschränken sich auf wohlwollende Prüfungen. Das Ergebnis ist ein Schlag ins Gesicht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. 

 

Schließlich ist selbst die im Grundsatz zu begrüßende Entlastung der Kommunen durch die Übernahme der Kosten der Grundsicherung im Alter durch den Bund eine Mogelpackung. Mit diesem Angebot hat die Bundesregierung die Zustimmung der Länder erkauft. Der Bund bezahlt aber nicht die Rechnung, sondern die Bundesagentur für Arbeit. Um bis zu 4 Mrd. Euro werden die öffentlichen Gelder an die Bundesagentur für Arbeit gekappt und das, obwohl die Bundesagentur aktuell trotz guter Konjunktur ein Defizit von über 5 Mrd. Euro erwartet. Die aktive Arbeitsförderung wird das Opfer sein. Die Erwerbslosen zahlen letztlich mit schlechteren Integrationschancen für die Zustimmung der Länder zum Hartz-IV-Gesetz. 

DIE LINKE wurde aus den Verhandlungen weitgehend ausgegrenzt. Über 10% der Wählerinnen und Wähler wurden in den Verhandlungen nicht vertreten. Die grundlegende Kritik an dem Gesetz durch DIE LINKE  wurde nicht gewünscht. Der Hartz IV- Vermittlungsausschuss machte letztlich eines deutlich: der Bundesregierung sind Fragen der sozialen Gerechtigkeit egal und im Zweifelsfall drängt es die SPD an die Seite der schwarz-gelben Regierung statt für die Interessen von Erwerbslosen und Lohnabhängigen zu kämpfen. Nur DIE LINKE steht dagegen für einen grundlegenden politischen Kurswechsel: soziale Umverteilung von oben nach unten, soziale Rechte, ein Regelsatz in Höhe von 500 Euro, ein gesetzlicher Mindestlohn von 10 Euro und gleicher Lohn für gleiche Arbeit.