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Bürgerinnen und Bürger wollen öffentliche Unternehmen zurück

Kolumne von Katrin Kunert,

Von Katrin Kunert, kommunalpolitische Sprecherin der Fraktion

Laut einer Umfrage können nur 2-3% der Bürgerinnen und Bürger mit dem Begriff „Daseinsvorsorge“ etwas anfangen. Wie hoch würde der Anteil der Bevölkerung ausfallen, wenn man sie nach dem Begriff „Rekommunalisierung“ fragen würde? Die Frage wurde noch nicht gestellt und so bleibt die Antwort im Bereich des spekulativen. Fragt man aber, ob Bürgerinnen und Bürger wollen, dass öffentliche Versorgungsleistungen – wie Energie, Wasser- und Abwasser, Abfall – weiter privatisiert werden oder lieber in öffentlicher Hand bleiben sollen, fällt die Antwort heute zugunsten des Öffentlichen aus. Sie haben schlechte Erfahrungen mit Privatisierungen gemacht. Höhere Preise und Gebühren, schlechterer Service, rücksichtlose Ausnutzung von Angebotsmonopolen, weniger demokratische Kontrolle, prekäre Arbeitsverhältnisse und geringere Einnahmen für die kommunalen Haushalte – das ist in vielen Orten die Realität.

Es ist also nicht verwunderlich, wenn Bürgerinnen und Bürger sich auf den Weg machen und nicht nur fordern, dass Privatisierungen wieder rückgängig gemacht werden. Privatisierte öffentliche Unternehmen sollen wieder öffentlich – also „rekommunalisiert“ - werden. Sie legen sogar selbst Hand an und gründen ihr eigenes Unternehmen, so geschehen in Schönau, einer Gemeinde mit ca. 2.400 Einwohner/innen im Schwarzwald. Die Elektrizitätswerke Schönau (EWS) sind aus einer Bürgerinitiative hervorgegangen und die „Stromrebellen“ – wie man sie nannte - haben auch das Energienetz gekauft. Diese Beispiel macht nun Schule.

Erneuerbar und dezentral – darin liegt die Zukunft nicht nur der Energieversorgung, aber hier ganz aktuell. Fukushima hat die Diskussion über einen baldigen Ausstieg aus der Atomenergie beflügelt und damit auch die Debatte um die Zukunft der Energieversorgung und –erzeugung.

Viele Bürgerinnen und Bürger wollen sich nicht mehr von großen und auf Atomenergie setzenden Energiekonzernen diktieren lassen, welchen Strom sie zu nehmen und welchen Preis sie zu zahlen haben.

Viele Bürgerinnen und Bürger wollen auch keine neuen Kohlekraftwerke. Energie, die Landschaft verschmutzt und zerstört, lehnen sie ab. In meinem Wahlkreis haben Bürgerinnen und Bürger erfolgreich den Bau eines neuen Kohlekraftwerkes in Arneburg verhindert, u.a. auch, weil es der LINKEN gelungen ist, eine Alternative hierzu aufzuzeigen. Wir haben ein Energiekonzept für die Altmark in die Debatte eingebracht, das auf regionale und erneuerbare Lösungen setzt.

Auch wenn Privatisierungen in einigen Kommunen noch auf der Tagesordnung stehen, „Rekommunalisierung“ gewinnt an Fahrt. Damit der Zug nicht auf halber Strecke stehen bleibt, müssen jetzt Hindernisse aus dem Weg geräumt werden. Die Preise für den Rückkauf von Netzen müssen für Städte, Gemeinden und Landkreise erschwinglich sein. Informationen über Netze und private Unternehmen, die wieder in öffentliche Hand sollen, müssen offen gelegt werden. Bisher stellen sich die Konzerne quer.

Informationsrechte für Bürgerinnen und Bürger müssen erweitert werden,  damit sie die Kontrolle über öffentliche Unternehmen dauerhaft und wirkungsvoll ausüben können.

Nur so kann ein Zurück zu alten Zuständen des Öffentlichen verhindert werden. Ämterpatronage, Korruption und Intransparenz müssen der Vergangenheit angehören. Bürgerinnen und Bürger brauchen ein Mitspracherecht bei der Art und Weise der Erzeugung und der Verteilung von Energie. Sie sollen wissen, wie sich Energiepreise zusammensetzen und wem die Gewinne der öffentlichen Unternehmen zugute kommen.

„Rekommunalisierung“ hat Konjunktur nicht nur im Bereich Energie. Kommunen kaufen die Müllentsorgung, Wasserbetriebe, Wohnungen und Krankenhäuser zurück. Noch sind es nur ca. 100 Städte. Es würden mehr werden, wenn Städte, Gemeinden und Landkreise mehr Geld für ihre Aufgaben haben würden. Eine Gemeindefinanzreform, die ihren Namen auch verdient, ist längst überfällig.