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Ein polierter brauner Lederschuh neben einem abgetragenen schwarzen Schuh © iStock/monstArrr_

Beihilfe zur Armut stoppen!

Nachricht von Dietmar Bartsch,

Am 17. Oktober ist Internationaler Tag zur Beseitigung von Armut. "Sozialdemokraten, Grünen und Liberalen fehlt im Kampf gegen Armut offensichtlich der politische Wille und der Mut, sich mit dem deutschen Geldadel anzulegen", adressiert Dietmar Bartsch aus diesem Anlass an die Regierungskoalition: "Während die Inflation Löhne und Renten auffrisst, haben die reichsten fünf Familien in Deutschland heute mehr Vermögen als die ärmere Hälfte der Bevölkerung (40 Millionen Menschen). Während Frankreich, Großbritannien und die USA das Drei- bis Vierfache der Wirtschaftsleistung an vermögensbezogenen Steuern einnehmen, steht im bundesdeutschen Steuerparadies für Vermögende obszöner Reichtum unter Artenschutz. Das Grundgesetz garantiert den Bürgern das Recht auf einen Sozialstaat. Die Bundesregierung darf nicht länger faktische Beihilfe zur Armut leisten."

Laut Statistischem Bundesamt waren im Jahr 2022 17,3 Millionen Menschen von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. Das sind 20,9 % der Bevölkerung. Die Armutsquote bezeichnet den Anteil der Bevölkerung, der weniger als 60 Prozent des durchschnittlichen Nettoeinkommens zur Verfügung hat. Offiziell wird dies meist verharmlosend nur als „Armutsrisiko“ oder „Armutsgefährdung“ bezeichnet. Tatsächlich ist diese Lücke zum mittleren Einkommen aber so groß, dass man nicht nur von einem „Risiko“ sprechen kann. Zum Beispiel verkürzt Armut die Lebenserwartung deutlich, so stellt es das Robert-Koch-Institut fest: Arme Männer leben durchschnittlich fast 5 Jahre kürzer als Männer mit mittlerem Einkommen, arme Frauen rund drei Jahre kürzer. Der Unterschied zu den höchsten Einkommensgruppen (mit mehr als 150 Prozent des Durchschnittseinkommens) liegt für Männer sogar bei 9 Jahren.

Die Zustände verhärten sich: Wer einmal unter die Armutsgrenze gelangt ist, bleibt immer öfter länger arm: Der Anteil dauerhaft armer Menschen an allen Armen betrug 1998 noch 20 Prozent und liegt jetzt mehr als doppelt so hoch bei 44 Prozent (Stand: 2018). Während insbesondere Menschen im oberen Teil der Einkommensverteilung, aber auch aus der Mitte Einkommenszuwächse verzeichnen konnten, blieben Zugewinne für die Menschen am unteren Ende aus.

    Besonders betroffen von Armut sind Arbeitslose, Alleinerziehende (41 Prozent), Menschen mit Hauptschulabschluss und ohne Berufsabschluss (35 Prozent) und Menschen mit Migrationshintergrund (29 Prozent). Menschen im Osten des Landes sind stärker von Armut bedroht als im Westen. Selbst wer Arbeit hat, ist vor Armut nicht sicher: Nach Daten des Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung waren rund 10 Prozent der Menschen arm trotz Erwerbstätigkeit. Die Agenda 2010, allen voran die Hartz-Reformen zeigen also noch immer ihre „Erfolge“: Armut trotz Erwerbsarbeit, Leistungskürzungen bei Erwerbslosigkeit (Hartz IV) und im Alter (Absenkung des Rentenniveaus).

    Wer Armut bekämpfen will, muss Reichtum umverteilen. Die Linksfraktion fordert:

    • Der gesellschaftliche Reichtum muss umverteilt werden. Dafür braucht es ein gerechtes Steuersystem, das auch die Nutznießer des Finanzmarktkapitalismus zur Kasse bittet. Eine Vermögensteuer in Höhe von 5 Prozent auf alle Vermögen oberhalb von einer Million Euro ist hier ein zentrales Instrument. Die Einkommenssteuer wollen wir reformieren: Kleinere und mittlere Erwerbseinkommen sollen entlastet werden, hohe sollen hingegen deutlich stärker besteuert werden.
    • Arbeit muss vor Armut schützen. Deshalb brauchen wir die Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf 14 Euro pro Stunde und eine Lohnentwicklung, die Beschäftigte am wirtschaftlichen Fortschritt beteiligt.
    • Die sozialen Sicherungssysteme müssen im Alter oder bei Arbeitslosigkeit, aber auch bei Krankheit und Pflegebedürftigkeit den Lebensstandard sichern und zuverlässig vor Armut schützen. Das Existenzminimum muss armutsfest und sanktionsfrei sein.
    • Kinder und Jugendliche sollen eine eigenständige Kindergrundsicherung erhalten, die ihre individuellen und vielseitigen Bedarfe deckt. Außerdem muss stärker in Bildung, öffentliche Kinderbetreuung, beitragsfreie Schulmittagessen und Freizeitangebote investiert werden.
    • Die Arbeitsmarktpolitik muss sich daran orientieren, Menschen zu qualifizieren und in gute Arbeit zu vermitteln. Dazu muss insbesondere in Aus- und Weiterbildung und einen Öffentlichen Beschäftigungssektor investiert werden.