Auswertung einer Kleinen Anfrage von Jutta Krellmann an die Bundesregierung
In den Bundesministerien steigen befristete Arbeitsverträge rasant an. In der Gesamtwirtschaft haben sich die Befristungen in den letzten 20 Jahren verdreifacht. Heute ist fast die Hälfte aller Neuverträge befristet, wobei insbesondere sachgrundlose Befristungen einen enormen Zuwachs erfahren haben. Doch in einigen Ministerien ist die Entwicklung sogar noch dramatischer als in der Gesamtwirtschaft. Im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gibt es 2013 rund 13-mal so viele befristet Beschäftigte wie 2004, im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sind es 16-mal so viele und im Gesundheitsministerium neunmal so viele. In nicht einmal zehn Jahren. Das ergibt sich aus einer Kleinen Anfrage von Jutta Krellmann an die Bundesregierung.
Auch die Anteile der befristeten Arbeitsverträge bei den neu abgeschlossenen Verträgen sind in vielen Ministerien deutlich höher als in der Gesamtwirtschaft, wo der Anteil 2013 bei 42 Prozent lag. Im Gesundheitsministerium, im Familienministerium und im Ministerium für Ernährung und Landwirtschaft lagen die Anteile im Jahr 2013 bei über 90 Prozent. In fünf Ministerien betrugen die Anteile zwischen 70 und 90 Prozent, in vier Ministerien zwischen 50 und 70 Prozent und lediglich in drei Ministerien unter 50 Prozent.
Auch bei den sachgrundlosen Befristungen gibt es Ministerien mit enormem Zuwachs: Im Innenministerium waren es 2013 rund 40-mal so viele wie 2004, im Gesundheitsministerium 30-mal und im Ministerium für Wirtschaft und Energiezwölfmal so viele.
"Es ist ein Skandal!", erklärt Jutta Krellmann dazu. "Statt mit gutem Beispiel voranzugehen, sind einige Bundesministerien sogar Vorreiter bei der Befristung von Arbeitsverträgen. In manchen Ministerien sind mittlerweile zwischen einem Viertel und einem Fünftel der Beschäftigten befristet. Bei den Neueinstellungen verhält sich ein großer Teil der Ministerien schlimmer als die Wirtschaft. DIE LINKE will das unbefristete Arbeitsverhältnis wieder zur Regel machen und fordert in einem ersten Schritt die Abschaffung der Möglichkeit zur sachgrundlosen Befristung.“
Ergebnisse im Einzelnen:
- Zahl und Anteil der befristeten Arbeitsverträge in einzelnen Ministerien (vgl. Antwort auf die Frage 1 sowie Antwort auf Frage 17 der Kleinen Anfrage der Linksfraktion 17/12248):
- Im Auswärtigen Amt hat sich die Zahl der befristet Beschäftigten im Zeitraum von 2004 bis 2013 mehr als verdoppelt (2004: 777 befristet Beschäftigte, 2013: 1.599). Der Anteil der Beschäftigten mit einem befristeten Arbeitsvertrag (an allen Beschäftigten im Ministerium) ist von 6,9 auf 13,8 Prozent gestiegen.
- Im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gibt es 2013 sogar 13-mal so viele befristete Beschäftigte wie 2004 (2004: 134 Beschäftigte mit befristetem Vertrag, 2013: 1.763). Der Anteil der Beschäftigten mit Zeitvertrag ist von 1,3 auf 18,2 Prozent gestiegen. In diesem Ministerium ist mittlerweile fast jeder fünfte Arbeitsvertrag befristet.
- Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Hier ist die Zahl der befristet Beschäftigten in 2013 sogar 16-mal so groß wie im Jahr 2004 (2004: 20, 2013: 320). Der Anteil der befristeten an allen Beschäftigten ist von 1,2 auf 18,6 Prozent gestiegen. Auch in diesem Ministerium ist mittlerweile nahezu jeder fünfte Vertrag befristet.
- Einen besonders starken Anstieg hat auch das Bundesministerium für Gesundheit zu verzeichnen: Die Zahl der befristet Beschäftigten ist 2013 neunmal so hoch wie 2004 (2004: 105, 2013: 964). Der Anteil der befristet Beschäftigten ist von 2,4 Prozent in 2004 auf 25,5 Prozent im Jahr 2013 gestiegen. Im Gesundheitsministerium ist also sogar jeder vierte Arbeitsvertrag befristet.
- Im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft sowie im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit gibt es im Jahr 2013 mit 27,6 bzw. 21,5 Prozent auch sehr hohe Anteile von befristet Beschäftigten. Hier verweisen die Ministerien darauf, dass sie durch wissenschaftlich ausgerichtete Geschäftsbereiche zahlreiche wissenschaftliche Forschungsaufträge übernehmen würden, die befristet seien. Nichtsdestotrotz lagen die Anteile im Jahr 2004, also vor nicht einmal 10 Jahren, bei lediglich 4 bzw. 2,7 Prozent. Die befristete Beschäftigung hat demnach auch in diesen Ministerien einen deutlichen Anstieg erfahren.
- Anteil der befristeten Arbeitsverträge an den neu abgeschlossen Arbeitsverträgen (ist zu unterscheiden vom oben aufgeführten Anteil befristet Beschäftigter an allen Beschäftigten, da hier nur die neuen Verträge und nicht wie oben alle bestehenden Verträge betrachtet werden) (vgl. Antwort auf Frage 5 der vorliegenden Anfrage sowie Antwort auf Frage 11 in der Anfrage mit Nummer 17/14410). Hier ist zu beachten, dass den ausgewiesenen Anteilen sehr unterschiedliche Fallzahlen zugrunde liegen:
- In drei Ministerien wurden im Jahr 2013 mehr als 90 Prozent der neuen Verträge lediglich befristet abgeschlossen: im Bundesministerium für Gesundheit, im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. In allen drei Ministerien sind auch die Anteile der befristeten Beschäftigten an allen Beschäftigten sehr hoch und in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen.
- In fünf Ministerien lag der Anteil der befristeten Arbeitsverträge an den neu abgeschlossenen Arbeitsverträgen zwischen 70 und 90 Prozent: Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Bundesministerium der Verteidigung, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit.
- In vier weiteren Ministerien liegt der Anteil zwischen 50 und 70 Prozent und lediglich in drei Ministerien unter 50 Prozent.
- Zum Vergleich: In der Gesamtwirtschaft lag der Anteil der befristeten Arbeitsverträge an den Neueinstellungen im Jahr 2013 bei 42 Prozent (vgl. Antwort auf Frage 2 der Kleinen Anfrage 18/1029).
- Zum Thema sachgrundlose Befristungen haben nicht alle Ministerien Angaben gemacht. Bei einigen der Ministerien, die Angaben gemacht haben, sind aber deutliche Steigerungen zu verzeichnen (vgl. Antwort auf Frage 6):
- Bundesministerium des Inneren: Im Jahr 2004 gab es lediglich 21 Beschäftigte, die ohne sachlichen Grund befristet waren, im Jahr 2013 sind es dagegen 855. Das sind mehr als 40 Mal so viele.
- Bundesministerium für Wirtschaft und Energie: Im Jahr 2004 waren 37 Beschäftigte sachgrundlos befristet, im Jahr 2013 dann 454. Das sind zwölf Mal so viele.
- Bundesministerium für Gesundheit: Im Jahr 2004 gab es 6 sachgrundlos befristet Beschäftigte, im Jahr 2013 dann 215. Auch das sind mehr als 30 Mal so viele.
linksfraktion.de, 9. Mai 2014