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Bahrs Einstieg bei Krankenversicherer ist inaktzeptabel

Im Wortlaut von Halina Wawzyniak,

 

Von Halina Wawzyniak

 

Der frühere Gesundheitsminster Daniel Bahr wird ab November für einen privaten Krankenversicherer arbeiten. Er geht zur Krankenversicherungstochter der Allianz. Bahr war vom 29. Oktober 2009 bis zum 11. Mai 2011 Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Gesundheit. Ab dem 12. Mai 2011 war er Bundesgesundheitsminister.

Ein solcher Wechsel erweckt den Eindruck, dass eine Interessenverquickung stattfindet. Der Eindruck entsteht, zwischen getroffenen Entscheidungen und neuem Job könnte ein Zusammenhang bestehen. Wo eben noch die Interessen der Gesamtbevölkerung vertreten werden sollten, stehen auf einmal die Interessen des Unternehmens, zu welchem gewechselt wird im Mittelpunkt. Deshalb ist dieser Wechsel inakzeptabel.

Schädlich für eine Demokratie

Um nicht falsch verstanden zu werden: Jede/r hat das Recht nach dem Abschied aus einem Amt eine neue berufliche Herausforderung zu suchen und auch zu finden. Würde dies verwehrt werden, wird dem Berufspolitikertum Tür und Tor geöffnet. Das ist für eine Demokratie auch schädlich.

Aber ein solcher Wechsel – und das will eine Karenzzeit – soll in zeitlichem und inhaltlichem Abstand zum vorher ausgeübten Amt stattfinden. Der Koalitionsvertrag sah vor, dass die Koalition diesbezüglich eine Regelung vorliegt. Auch in der Debatte am 16. Januar 2014 zu Anträgen von Grünen und LINKEN war davon die Rede, es würde einen Vorschlag geben. Doch bis heute liegt von Seiten der Koalition nichts auf dem Tisch.

Transparency International fordert drei Jahre Karenzzeit und dem Vernehmen nach streiten sich Union und SPD auch über die Anzahl der Monate einer Karenzzeit. Ein objektiver Maßstab für die zeitliche Geltung ist nicht erkennbar.

Erforderlich, angemessen und verhältnismäßig

DIE LINKE hat einen Vorschlag unterbreitet, der praktikabel und objektiv nachvollziehbar ist. Da eine Karenzzeit immer ein Eingriff in die Berufsfreiheit ist, muss sie erforderlich, angemessen und verhältnismäßig sein. Über die Erforderlichkeit wird mittlerweile zum Glück kaum noch gestritten. Es geht darum eine Interessenverquickung von Politik und Wirtschaft, die geeignet ist das Vertrauen in die unabhängige politische Entscheidung in Zweifel zu ziehen, zu unterbinden. Eine Karenzzeit ist dafür das geeignete Mittel. Angemessen ist eine Karenzzeit, die berücksichtigt, dass nach dem Ausscheiden aus dem Amt eine zukünftige Erwerbstätigkeit möglich sein muss. Und verhältnismäßig ist sie, wenn sie an die Zeit des Amtes und dem sich daraus ergebenden Übergangsgeld gekoppelt ist.

Der Vorschlag der LINKEN erfüllt alle diese Kriterien. Nach § 14 Abs. 2 BMinG richtet sich das Übergangsgeld nach der Anzahl der Monate im Amt. Es wird mindestens sechs Monate gewährt und maximal zwei Jahre. Der zeitliche Abstand einer Karenzzeit soll sich nach der Vorstellung der LINKEN also daran orientieren, ob ein Minister/eine Ministerin Anspruch auf 6, 12, 18 oder 24 Monate Übergangsgeld hat. Und der Vorschlag der LINKEN stellt als weitere Komponente darauf ab, dass die Karenzzeit nur dann gelten soll, wenn der Wechsel eine Verbindung zur früheren ressortmäßigen Zuständigkeit aufweist. Um es deutlicher zu sagen: Ein ehemaliger Landwirtschaftsminister könnte ohne weiteres in einen Sozialverband wechseln.

Daniel Bahr hätte nach dem Vorschlag der LINKEN zu einem privaten Krankenversicherer frühestens nach zwei Jahren wechseln können. Nach dem Vorschlag der LINKEN hätte Daniel Bahr aber auch bereits vor diesen zwei Jahren zum Beispiel zu einem Luftfahrtunternehmen wechseln können. Aber eben nicht zu einem privaten (oder gesetzlichen) Krankenversicherer.

linksfraktion.de, 1. Oktober 2014