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Bahnfahren muss er trotzdem nicht

Im Wortlaut,

Eine Glosse von G. A. Mierend

Nun ist es amtlich: Ronald Pofalla arbeitet ab dem 1. Januar 2015 für die Deutsche Bahn. Der sympathische Ex-Kanzleramtsminister soll dort – laut Konzernchef Grube – Kontakte zu Politik und Wirtschaft pflegen und später in den Bahn-Vorstand aufrücken.

Erleichterung

Diese Nachricht sorgt bei vielen Zugreisenden für ein tiefes Aufatmen: Immerhin gab es im Vorfeld Gerüchte, man könnte Pofalla auf einem wichtigen Posten einsetzen – als Triebwagenführer, zur Kontaktpflege von Stromabnehmern, in einem Stellwerk oder im Extremfall sogar mit unmittelbarem Kontakt zu nichtsahnenden Bahnkunden, etwa in einem Bord-Bistro. Mehrere Passagiere wurden bereits traumatisiert, weil sie seine prägnante Stimme aus einem Bahnhofslautsprecher vernommen zu haben glaubten – zum Glück handelte sich nur um Zugkollisionsgeräusche.

Nachlagerung

Doch neben Dankbarkeit herrscht auch Missgunst. Da ist von "Korruption" die Rede: Pofallas neuer Arbeitsplatz sei eine "nachgelagerte Belohnung für Entscheidungen, die er als Kanzleramtsminister getroffen hat". Das ist purer Kleingeist: Wann hätte der Mann denn sonst belohnt werden sollen, wenn nicht "nachgelagert"? In unserer Neidgesellschaft ist es leider nicht opportun, dass Regierungsmitglieder nicht nur rastlos für die Wirtschaft wirken, sondern auch direkt und offen von ihr bezahlt werden. Wäre die Öffentlichkeit in solchen Dingen toleranter, dann könnte Ronald Pofalla noch heute das Kanzleramt leiten und gleichzeitig ganz offiziell für die Bahn arbeiten.

Bezüge

Exakte Angaben über Pofallas künftiges Salär macht die Bahn nicht. Es bestehe aber berechtigte Hoffnung, gerade auch für die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen, dass sie von Pofallas Einstieg profitierten: "Das Durchschnittseinkommen unserer Mitarbeiter", so ein Vorstandsmitglied, "wird eine überaus positive Entwicklung nehmen."

Erfahrung

Verkehrsexperten rechnen fest damit, dass die Deutsche Bahn dank des neuen Mitarbeiters zuverlässiger wird. Angesichts seiner bisherigen Leistungen wird ihm zugetraut, Zugausfälle und Verspätungen jederzeit und radikal für beendet zu erklären. Was Bahnchef Grube besonders beeindruckt: Bei einer kleinen Demonstration sorgte Pofalla dafür, dass mehrere Züge einer Modelleisenbahn für immer "vom Tisch" sind.

Entgleisungen

Obwohl Pofalla ein Freund deutlicher Worte ist – "Ich kann deine Fresse nicht mehr sehen" oder "Ich kann den Scheiß nicht mehr hören" –, soll er laut Konzernaussagen weder im DB-Beschwerdemanagement noch in Reisezentren am Helpdesk tätig werden. Laut Bahn wäre das ein "zu punktuelles Herangehen". Stattdessen könnte Pofalla die Kommunikationsschulung der Mitarbeiter übernehmen, um so "generell die Kundenansprache" zu modernisieren.

Verzicht

Der Wechsel Pofallas zur Bahn bedeute für den Konzern aber auch Einschränkungen: "Wir verlieren damit einen wichtigen Ansprechpartner innerhalb der Bundesregierung", sagte ein Sprecher, "doch manchmal muss man eben auch Opfer bringen."