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"Auf der Höhe von Müntefering und Beck"

Im Wortlaut von Oskar Lafontaine,

Oskar Lafontaine sieht seine Zustimmungswerte im Osten steigen

Oskar Lafontaine, Fraktionschef der Linken im Bundestag, findet die Vorwürfe des SPD-Parteichefs Kurt Beck albern. Mit Lafontaine sprach Alexandra Jacobson über die Landtagswahlen.

Herr Lafontaine, ist der "Lafontaine-Malus" für das schlechte Abschneiden der Linkspartei.PDS in Berlin verantwortlich, wie SPD-Chef Kurt Beck meint?

OSKAR LAFONTAINE: Über Becks krankhaften Versuch, die neue Linke zu verhindern, muss ich lächeln. Es wäre genau so sinnvoll zu sagen, dass der Verlust der SPD von zehn Prozent in Mecklenburg- Vorpommern ein Beck-Malus sei. Der SPD-Vorsitzende fürchtet, dass sich die Linke dauerhaft im Parteienspektrum etabliert. Bundesweite Umfragen ergeben seit einem Jahr acht bis zehn Prozent für die Linke. Das bringt Beck zum Schwitzen.

Woran liegen denn die Verluste in Berlin?

LAFONTAINE: Die Linkspartei hat Stimmen verloren wegen unpopulärer Entscheidungen, die getroffen werden mussten, um den Haushalt zu konsolidieren. Auch die separate Kandidatur der WASG hat uns geschadet. In Berlin hat die Linkspartei bei der Abschaffung von Blindengeld und Lernmittelfreiheit zugestimmt.

War die Partei zu nachgiebig in der rot-roten Koalition?

LAFONTAINE: Spitzenkandidat Harald Wolf hat richtigerweise erklärt, dass die Linkspartei ihre Forderungen nachdrücklicher zum Ausdruck hätte bringen sollen.

Sollte die Partei künftig in unbequemer beim Regieren sein?

LAFONTAINE: Ein Regierungsbündnis kann nur zu Stande kommen, wenn es auf Fairness beruht. Klaus Wowereit muss erkennen, dass die Linkspartei in einer Regierung auch Entscheidungen durchsetzen muss, die ihre Wähler von ihr erwarten.

Als Führungsfigur polarisieren Sie sehr stark. Aber der PDS-Wähler sehnt sich nach Harmonie. Haben Sie im Osten Akzeptanz- Probleme?

LAFONTAINE: Eine neue Umfrage der Super Illu zeigt, dass meine Zustimmungswerte im Osten angestiegen sind und jetzt auf der Höhe von Müntefering und Beck gemessen werden. Die Diskussion über den Malus-Effekt ist eine Albernheit des jetzigen SPD-Vorsitzenden.

Wie ist eigentlich ihr sonstiges Verhältnis zu Kurt Beck?

LAFONTAINE: Wir haben in sozialdemokratischen Zeiten gut zusammen gearbeitet. Beck sucht noch seine Rolle. Ich habe den Eindruck, er findet keinen Ausweg aus der babylonischen Gefangenschaft der Großen Koalition.

Die SPD-Linke hält Rot-Rot für ein Modell, das auch für den Bund attraktiv sein könnte. Teilen Sie diese Ansicht?

LAFONTAINE: Auf Landesebene haben die rot-roten Koalitionen sachbezogen zusammen gearbeitet. Auf Bundesebene ist keine gemeinsame Regierung möglich, solange die SPD Hartz IV befürwortet und völkerrechtswidrige Kriege vertritt.

Neue Westfälische, 19. September 2006