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Auf dem Weg zu einer guten und kostenfreien Schulverpflegung

Nachricht von Karin Binder,

Fachtagung des AK 1 der Fraktion DIE LINKE im Bundestag am 18. Oktober 2012 in Berlin

Sprach mit SchülerInnen und Experten über gutes Essen für Schulen: Karin Binder (m.)
 

Die Fachtagung zum Thema Schulverpflegung war mit 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmern gut besucht. Die Ernährungsexperten, Bürgermeister, Lehrerinnen, Wissenschaftler, Schülerinnen und Schüler und Fachärzte diskutierten über Möglichkeiten, eine hochwertige und flächendeckende Schulverpflegung zu sichern.

Im ersten Teil der Veranstaltung stellten Niklas Schüßler, Lena Ghebreselasie und Roya, Haupt - Schüler der Freien Gesamtschule Waldau-Kassel, das erfolgreiche Konzept ihrer Schulmensa vor. Täglich ein frisches Mittaggericht, Salat, Suppen, Wok-Stadion, Nudelbar, Dessert, kostenfreie Wasserbrunnen, Milch mit selbstgemischtem Geschmack und das alles Bio und regional für 42 Euro im Monat je Schüler.

Der Begriff "gesund" klingt für Jugendliche uncool

Frau Dr. Liesen stellte die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) entwickelten Standards für eine gute Qualität der Schulverpflegung vor. Prof. Dr. Koletzko, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin aus München, betonte die Bedeutung einer guten Schulverpflegung für die körperliche Entwicklung von Kindern und Jugendlichen und das Leistungsvermögen in der Schule. Selbst einfache Angebote, wie regelmäßiges Wassertrinken, beuge Übergewicht vor. Der Beitrag von Dr. Thomas Ellrott, Ernährungspsychologe aus Göttingen, hob hervor, dass man Kinder und Jugendliche mit dem Begriff "gesund" nicht zum Essen von mehr Gemüse und Obst bewegt. Das sei "uncool". Für die Ernährungserziehung sei es vielmehr wichtig, den Kindern gesunde Ernährung vorzuleben und sie von Anfang an mit einzubeziehen: beim Kochen, beim Salat schneiden und bei der Organisation der Schulmensa. Es wurde festgestellt, dass eine gute Schulverpflegung nach den DGE-Standard für unter zwei Euro pro Mahlzeit nicht zu haben ist.

Im zweiten Teil berichtete Dr. Polster vom Deutschen Netzwerk Schulverpflegung (DNSV) zunächst vom Beispiel Schweden, wo die Mittagsverpflegung vom Kindergarten bis zur 6. Schulklasse kostenfrei und auf einem hohen Niveau angeboten wird. Die Zustände in Deutschland glichen im Vergleich dazu denen in einem Entwicklungsland. Frau Hakala von der finnischen Botschaft wies darauf hin, dass eine gute Bildung mit einer guten Verpflegung zusammenhängt. Die seit 60 Jahren existierende kostenfreie Schulverpflegung in Finnland sei eine Selbstverständlichkeit und auch in finanziell schwierigen Zeiten nie in Frage gestellt worden. Sie wies darauf hin, dass die Kosten von den Kommunen und dem nationalen Bildungsministerium gemeinsam getragen werden. Dr. Johanna Wolff vom Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung Speyer stellte fest, dass eine direkte Finanzierung der Schulverpflegung durch den Bund aufgrund vom Sperren im Grundgesetz (Kooperationsverbot im Bildungsbereich) kaum möglich sei. Nach wie vor wollen sich die Länder in Fragen der Bildungspolitik vom Bund nicht reinreden lassen. Eine Finanzierung sei nur über Umwege oder über eine Grundgesetzänderung machbar.

Schuldenbremse verhindert kostenlose Schulspeisung in Brandenburg

Eine weitere Möglichkeit könnte darin bestehen, den Bereich der Jugendhilfe als rechtliche Grundlage heranzuziehen. Dr. Daniel Rühmkorf, Staatssekretär des Brandenburger Ministeriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz lehnte eine kostenlose Finanzierung der Schulverpflegung durch das Land Brandenburg ab. Geschätzte 100 bis 150 Millionen könne das Land aufgrund der Schuldenbremse und einer sehr angespannten Haushaltslage nicht aufbringen. Einigkeit bestand bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern darin, dass man mit der Senkung des Mehrwertsteuersatzes von 19 auf zumindest 7 Prozent für die Schul- und Kitaverpflegung jetzt beginnen könne.

In der abschließenden Diskussion stellte Frau Nitschke von der Vernetzungsstelle Schulverpflegung in Sachsen-Anhalt ihre Arbeit vor. Es sei sehr schwierig, mit den geringen Mitteln eine gute Schulverpflegung zu organisieren. Die Schülerinnen und Schüler der Offenen Schule Waldau räumten ein, dass es aufwändig sei, ein so umfangreiches Angebot, wie es an ihrer Schule angeboten werde, überall zu ermöglichen. Herr Kalkoffen von der Stadtratsfraktion DIE LINKE Saarbrücken stellte fest, dass man durch eine kostenfreie Schulverpflegung, wie es die LINKE in Saarbrücken an einigen Grundschulen mit sozialen Brennpunkten eingeführt habe, alle Kinder erreichen könne. Die Essensbeteiligung sei auf 100 Prozent angestiegen – auch in Stadtteilen mit einem hohen Migrationsanteil. Eine ähnliche Erfahrung machte auch Frau Nitschke mit der kostenlosen Abgabe von Obst und Gemüse in Schulen.

Die Erkenntnisse aus der Fachtagung „Auf dem Weg zu einer guten und kostenfreien Schulverpflegung“ fließen in eine parlamentarische Initiative ein, die Anfang des Jahres 2013 im Bundestag zur Diskussion gestellt werden soll. Ziel der Fraktion DIE LINKE ist es, allen Kindern und Jugendlichen in Kindertagesstätten und Schulen, ein ausgewogenes und leckeres Mittagessen zu ermöglichen.

linksfraktion.de, 19. Oktober 2012

Diskussionspapier