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Armutsfalle Pflege

Nachricht,

Regelmäßig berichten Medien, wie ein Pflegefall in der Familie zur Armutsfalle werden kann. Doch der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse über die Armutsgefährdungsquote unter den anerkannt Pflegebedürftigen ebenso wie unter pflegenden Angehörigen vor. Armut durch Pflege wird amtlich ausgeblendet. Die Datenlage, insbesondere im ambulanten Bereich, ist erschreckend gering. Das zeigt die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. 

Die Eigenbeteiligungsquote an den Pflegesätzen stieg von 24,89 Prozent im Jahr 2009 auf 27,65 Prozent im Jahr 2013. Seit 2005 weist die Bundesregierung eine Steigerung der Eigenanteile in der Pflegestufe 1 auf 153 Prozent, in der Pflegestufe 2 auf 141 Prozent und in der Pflegestufe 3 auf 117 Prozent aus. Seit Einführung der Pflegeversicherung im Jahr 1999 ist der relative Anteil der Leistungen der Pflegeversicherung an den stationären Pflegesätzen kontinuierlich gesunken (!) – konkret um 13 Prozent in der Pflegestufe 1, um fast 14 Prozent in der Pflegestufe 2 und um 6,3 Prozent in der Pflegestufe 3. Hinzu kommen die Steigerungen der monatlichen Kosten für Unterkunft und Verpflegung, die von den Pflegebedürftigen zu erbringen sind, von 578 Euro im Jahr 2005 auf 651 Euro im Jahr 2013. In stationären Einrichtungen kommen noch die auf die Bewohner umgelegten Investitionskosten hinzu. Dazu liegen nur Durchschnittswerte in Höhe von 400 Euro monatlich vor. Das bedeutet: In allen Pflegestufen liegt die individuelle Kostenbelastung der Pflegebedürftigen bei mehr als 50 Prozent für die monatlichen Gesamtkosten - Tendenz dauerhaft steigend. Im Jahr 2013 betragen die Leistungen der Pflegeversicherung (als Anteil an den Pflegesätzen) für die Pflegestufe 2: 1.279 Euro. Die zusätzliche Kostenbelastung der Heimbewohner beträgt netto jedoch rund 1.647 Euro.

Auffällig sind die Unterschiede in den Pflegesätzen zwischen den einzelnen Bundesländern. Sie reichen von 1640 Euro in Bayern bis zu 1129 Euro in Bremen. In allen ostdeutschen Bundesländern außer Berlin liegt die Höhe der Pflegesätze im unteren Bereich. Hintergrund ist die extrem ungleiche Bezahlung der Pflegekräfte.

Hilfe zur Pflege müssen vor allem Pflegebedürftige in stationären Einrichtungen beantragen. Dort beträgt ihr Anteil 30 Prozent. Die Kostenentwicklung in den Pflegeheimen ist dafür entscheidende Ursache. In den Jahren 2003 -2013 stieg die Gruppe der Bezieherinnen und Bezieher von Hilfe zur Pflege, die eine bedarfsorientierte Sozialleistung zur Unterstützung pflegebedürftiger Personen ist, die den notwendigen Pflegeaufwand nicht aus eigenen Mitteln sicherstellen können, um 32 Prozent von 242.272 auf 343.189 Personen. Das ist ein Anteil von 13 Prozent aller Menschen mit Pflegebedarf.

Die Zahl der Empfängerinnen von Hilfe zur Pflege in den Pflegestufen 1 (76.402) und 2 (91.629) im Jahr 2013 ist erschreckend hoch. Das zeigt, dass bereits mit Eintritt der Pflegebedürftigkeit die Kostenbelastung so hoch ist, dass das eigene Vermögen oder die eigenen Bezüge nicht ausreichen. Der Anteil der Frauen liegt bei etwa 65 Prozent, was eine logische Folge verfehlter Arbeitsmarktpolitik, nicht anerkannter Kindererziehungszeiten und der Angehörigenpflege ist.

Wenig auskunftsfähig ist die Bundesregierung auch zu Rentenansprüchen oder Rentenleistungen für pflegende Angehörige. Wie viele pflegende Angehörige Rentenansprüche aus der Pflegetätigkeit verlieren, weil sie selbst das Rentenalter erreichen, aber dennoch weiter pflegen, kann die Bundesregierung nicht sagen.

Die Ausgaben für Hilfsmittel erreichten nach erheblicher Absenkung im Jahr 2006 erst 2013 wieder das Niveau von 2005.

 

linksfraktion.de, 10. September 2015