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Armut verursacht Terror

Im Wortlaut von Alexander S. Neu,

Somalia ist schon lange ein so genannter »Failing State«, ein gescheiterter Staat. Weit verbreitete Korruption, organisierte Kriminalität, Terrorismus, unsichere Lebensverhältnisse und die fehlgeleitete wirtschaftliche Entwicklung sind hauptsächlich verantwortlich für die prekäre Sicherheitslage. Am Samstag sprengte sich nun ein Selbstmordattentäter in einem Lastwagen auf einer der belebtesten Kreuzungen in Somalias Hauptstadt Mogadischu in die Luft. Dabei kamen mehr als 270 Menschen ums Leben, nach Angaben der Rettungskräfte vor Ort sollen es sogar weit mehr als 300 sein. Darüber hinaus wurden mehr als 300 Menschen zum Teil schwer verletzt. Die Explosion war so stark, dass sie auch umliegende Gebäude zum Teil massiv beschädigte oder zum Einsturz brachte. Bisher bekannte sich niemand zu diesem Anschlag. Die Regierung in Somalia macht allerdings die Al-Shabab Miliz verantwortlich.

Somalia wurde in den letzten Jahren immer wieder von Anschlägen erschüttert. Die Ursache für diesen "Terror" ist schlicht und ergreifend die unfassbare Armut dieses Landes und die daraus resultierenden Kämpfe unter den Clans und der Regierung. Die Lebenssituation der Menschen ist katastrophal und verschlimmert sich durch Dürren – hervorgerufen durch den Klimawandel, welcher von westlichen Industriestaaten, unter anderem Deutschland, mit zu verantworten ist – immer weiter. Die Hälfte der Einwohner Somalias ist von Hunger oder gar vom Hungertod bedroht, 400.000 Kinder sind massiv unterernährt. 

Was wird dagegen unternommen? Eindeutig zu wenig, und das mit einem falschem Ansatz. Als dieses Jahr im Frühling eine massive Hungersnot in Somalia ausbrach, war die Bundesregierung gerade einmal bereit, 16 Millionen Euro zur Bekämpfung auszugeben: ein Bruchteil dessen, was sie für die Militäreinsätze EUTM Mali und ATALANTA bisher ausgegeben hat. Die Antwort des Westens ist, wie immer, der Einsatz von Militär. Da sprudeln die Steuergelder. Wenn es jedoch um zivile Hilfe und Menschlichkeit geht, dann sind die Kassen leer.

Die Bundesregierung beteiligt sich seit 2010 im Rahmen der Sicherheitssektorreform mit bis zu 20 Soldatinnen und Soldaten am Einsatz EUTM Somalia. Vordergründig dient diese Mission dem Staatsaufbau, es werden Soldaten und Polizei ausgebildet. Eigentlich wird mit diesem Einsatz aber ein autoritär islamisches Regime unterstützt, welches die Scharia über Gesetze und die Verfassung gestellt hat, weil es eben der geostrategischen Machtpolitik des Westens nützt. Für Somalia selbst ist das nicht nur wenig effektiv, sondern schädlich und führt immer wieder zu solch tragischen Anschlägen wie den vom vergangenen Samstag. Der immer noch andauernde US-Drohnenterror, der das alltägliche Leben immens überschattet, tut da sein übriges.

Der Anschlag ist somit auch eine Folge des gescheiterten Staatsaufbauversuchs mit militärischen Mitteln. Man belässt Somalia im Bereich der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung bewusst am Boden und "hilft" lediglich beim Ausbau der militärischen Fähigkeiten. Bisher wurden weit mehr als 5000 Soldaten ausgebildet. Das nicht einmal dies funktioniert, zeigt nicht zuletzt die hohe Quote der Deserteure. Militärisch gestützter westlicher Staatsaufbau ist zum Scheitern verurteilt. Das zeigt Somalia mehr als deutlich.