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Anwerbung von Pflegekräften in Mexiko löst hausgemachte Probleme nicht

Nachricht von Pia Zimmermann,

Auswertung der Antwort auf drei schriftliche Fragen von Pia Zimmermann, Sprecherin für Pflegepolitik der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag zur "Anwerbung von Pflegefachkräften in Mexiko"


Ausgangslage und Fragestellung

Zur Anwerbung von Pflegefachkräften in ausgewählten Drittstaaten wurde 2019 das Programm „Triple Win“ gestartet. Aktivitäten und Anwerbungen seitens des BMG gab es dazu bislang im Kosovo, in Bosnien-Herzegowina, Serbien, Tunesien und den Philippinen; zudem haben in Vietnam 107 Personen einen Deutschsprachkurs begonnen, sie sollen zu Beginn des Ausbildungsjahres 2020 nach Deutschland einreisen. (Details hierzu siehe die Antwort auf die KA „Anwerbung von Pflege- und Gesundheitsfachkräften durch die GIZ, ZAV und die Bundesagentur für Arbeit im Rahmen des Projekts ‚Triple Win‘“ – BT-Drs. 19/16102).

Zudem startete das BMG im September eine Kooperation mit Mexiko, das Minister Spahn dazu am 20.9.2019 besucht hat. Diese Kooperation scheint über die bisherigen Aktivitäten in den anderen oben genannten Ländern deutlich hinauszugehen.

Mit meinen Fragen wollte ich nähere Details erfahren und abklopfen, ob es sich tatsächlich um ein Arrangement handelt, bei dem auch Mexiko bzw. die dortige gesundheitliche und pflegerische Versorgung profitiert bzw. profitieren kann.

 

Grundlegende Aussagen der Antwort des BMG, Parl. Sts. Sabine Weiss

  • Die Kooperation mit Mexiko zielt
    1. auf die unmittelbare und ggf. sofortige Anwerbung von Gesundheits- und Pflegefachkräften und
    2. auf den baldigen Beginn von Qualifizierungsmaßnahmen in Mexiko.

Dazu wird es „einen regelmäßigen Austausch von deutschen und mexikanischen Pflegefachkräften einschließlich regelmäßiger Besuche mexikanischer Ausbildungskräfte“ geben sowie „eine Zusammenarbeit zwischen der deutschen Außenhandelskammer Mexiko [DAHKM] und der Deutschen Fachkräfteagentur für Gesundheits- und Pflegefachkräfte“ (DeFa).

In Mexiko wird zudem ein DeFa-Büro eröffnet; die „Ausschreibungen für die Besetzung […] werden im März 2020 erfolgen.“

Für die unmittelbare Anwerbung (zu 1.):

    1. unterstützen die DAHKM und die DeFa bei der „Sammlung und Aufbereitung von Dokumenten“ der an einer Arbeit in Deutschland interessierten mexikanischen Pflegekräfte, Erleichterung der Einreise durch „Vorbereitung von Anträgen auf Visa“, bei der „Anerkennung der ausländischen Berufsqualifikation“ in Dt. sowie bei der Erteilung der „Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis“ in Dt. und
    2. unterstützen DAHKM und DeFa Arbeitgeber in Deutschland bei „der privaten Anwerbung von Pflegefachkräften durch Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen und private Personalserviceagenturen.“

Für den Beginn von Qualifizierungsmaßnahmen in Mexiko (zu 2.):

    1. hat das BMG „der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit den Auftrag erteilt, in Mexiko Qualifizierungsmaßnahmen für Pflegefachkräfte einzurichten, die unmittelbar in Deutschland anerkennungsfähig sind. Dies soll ab der zweiten Jahreshälfte 2020 erfolgen. Im Rahmen des Projekts wird der Aufbau der Maßnahme für bis zu 60 mexikanische Teilnehmer finanziert. Teilnehmerbezogene Kosten werden bereits in der Pilotphase durch die aufnehmenden Einrichtungen übernommen.
    2. Weitere Pflegefachkräfte können teilnehmen, soweit Arbeitgeber in Deutschland dafür die Kosten übernehmen. Die ersten Pflegfachkräfte sollen Ende 2021 in Deutschland eintreffen.“
  • Kann auch Mexiko profitieren?

Laut BMG üben „nur rund 55 Prozent der Pflegefachkräfte mit Bachelor-Abschluss in Mexiko eine Beschäftigung in ihrem Beruf aus“.

Die Quote der Pflegefachkräfte je 1 000 Einwohner weist nach Angaben des BMG in Mexiko zwischen 2015 und 2017 einen leichten Anstieg von 2,8 auf 2,9 auf. Das entspricht einem Anstieg um 4,3%.

In Deutschland steigt die Quote folgendermaßen:

Deutschland: Quote der Pflegefachkräfte je 1 000 Einwohner 2015 bis 2017 & Anstiege

Jahr

Pflegefachkraftquote

Jährlicher Anstieg (in %)

Anstieg 2015 – 2017 (in %)

2015

12,65

 

 

2016

12,84

1,50

 

2017

12,93

0,70

2,21

Der Anstieg in Mexiko ist also höher als in Deutschland (4,3% vs. 2,21%).

Auf explizite Nachfrage sind der Bundesregierung „keine geplanten politischen Schritte seitens der mexikanischen Regierung bekannt, die Auswirkung auf diese Quote haben könnten.“ Nach Angaben von Prof. Dr. Dr. Jens Holst, Lehrstuhl Medizin mit Schwerpunkt Global Health an der Hochschule Fulda und Studiengangsleiter Internationales Gesundheitswesen steht in Mexiko jedoch die „Umwandlung der dort vor zehn Jahren eingeführten Krankenversicherung für informell Beschäftigte und Arme in ein steuerfinanziertes Versorgungsystem bevor, welches den Bedarf weiter steigern wird“ (Frankfurter Rundschau, 20.12.2019).

 

Dazu erklärt Pia Zimmermann, pflegepolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

"Die Löhne und Arbeitsbedingungen in der Alten- und Krankenpflege sind in Deutschland so schlecht, dass viel weniger Menschen dort arbeiten können und wollen als für die Versorgung erforderlich sind. Der begnadete Selbstdarsteller Spahn sollte endlich aufhören, diesen Sachverhalt zum Anlass für PR-trächtige Flugreisen in deutlich ärmere Länder zu machen, sondern sich um anständige Bezahlung und gute Personalausstattung kümmern und dafür sorgen, dass die dafür erforderlichen Ausbildungsziele erreicht werden."