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Antimilitarismus ist gemeinnützig

Nachricht von Sevim Dagdelen, Nele Hirsch, Heike Hänsel, Inge Höger, Ulla Jelpke,

Das Finanzamt Tübingen hat, offenbar auf Druck einer geheimdienstlichen Behörde, angekündigt, dem antimilitaristischen Verein „Informationsstelle Militarisierung (IMI)“ Tübingen die Gemeinnützigkeit rückwirkend ab 2001 abzusprechen. Hierzu erklären Bundestagsabgeordnete der Linksfraktion:

Die Arbeit der Informationsstelle ist schädlich - aber nur für jene, die Kriege vorbereiten, milliardenschwere Rüstungsbeschaffungen fordern und größenwahnsinnige Kriegszielprogramme aufstellen. Sie ist schädlich für alle, die nicht wollen, dass sich Bürgerinnen und Bürger kritische Fragen zu Sinn und Aufgaben der Bundeswehr stellen.

Für alle anderen leistet die IMI eine Arbeit, wie sie gemeinnütziger kaum sein könnte. Wir protestieren gegen die Absicht, dem Verein nachträglich die Gemeinnützigkeit abzusprechen und ihm dadurch seine finanzielle Grundlage zu entziehen.

Dass eine nicht näher genannte „Behörde“ das Tübinger Finanzamt erst auf diesen Gedanken brachte, zeigt: Es geht hier nicht um eine lokale Angelegenheit, sondern um einen Vorfall mit bundesweiter Relevanz. Zweifel an der Verfassungstreue der IMI zu äußern, ist ein durchsichtiges Manöver. Tatsächlich weist der antimilitaristische Verein im Rahmen seiner Arbeit immer wieder auf die geltenden Verfassungsbestimmungen hinsichtlich Bundeswehreinsätzen hin. IMI thematisiert den Umbau der Bundeswehr zur Angriffsarmee und die zunehmenden Inlandseinsätze des Militärs. Das sind nicht nur „tagespolitische“ Fragen, sondern Fragen grundsätzlicher Art, denen sich ein Verein, der sich der Förderung des Friedens verpflichtet fühlt, stellen muss. Genau das tun die IMI-Leute, und dabei kann es gar nicht ausbleiben, dass sie auch Kritik an jenen Politikern üben, die es darauf anlegen, die Bundeswehr in einen Krieg nach dem anderen zu hetzen.

Wer immer sich nach langfristigen Tendenzen und aktuellen Entwicklungen in diesem wichtigen Bereich der Politik erkundigen will, ist bei der IMI an der richtigen Adresse. Sie erfüllt Funktionen, die weder die „Leitmedien“ noch üppig mit Staatsgeldern ausgestatte Institute und schon gar nicht die Bundeswehr selbst erfüllen. Aufklärungsarbeit und kritisches Bewusstsein schaffen sind unverzichtbare Bestandteile demokratischer, gemeinnütziger Arbeit.
Es ist deshalb ein Skandal, wenn Verfassungsschutz oder Militärischer Abschirmdienst den Verein nun auf die kalte Tour erledigen wollen. Spenden sind die Haupteinnahmequelle der IMI. Wir fordern das Tübinger Finanzamt auf, zu akzeptieren, dass Gemeinnützigkeit kein Fall für den Elfenbeinturm, sondern auch für den alltäglichen Gebrauch ist. Von der Bundesregierung verlangen wir, zu erklären, ob das Bundesamt für Verfassungsschutz oder der Militärische Abschirmdienst hinter dem angedrohten finanziellen Würgegriff stecken.

Bei politischen oder juristischen Auseinandersetzungen kann sich die IMI auf unsere Solidarität verlassen.

Ulla Jelpke
Inge Höger
Sevim Dagdelen
Nele Hirsch
Heike Hänsel