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Ein kleines Mädchen steckt mit ausgestrecktem Arm einen Brief in einen Briefkasten © iStock/FamVeld

Altmaier rollt roten Teppich für Porto-Abzocke aus

Nachricht von Pascal Meiser,

"Der Bundesregierung fehlt offensichtlich jegliches Gespür dafür, wie es bei den Bürgern ankommt, wenn sie der Deutschen Post immer höhere Gewinne zugesteht, während zugleich die Beschwerden über die Qualität der Briefzustellung in die Höhe schießen. Die drastischen Portoerhöhungen sind so nichts anderes als Abzocke im Interesse der Post-Anteilseigner BlackRock und Co. Friedrich Merz als Aufsichtsratsvorsitzender von BlackRock in Deutschland dürfte hochzufrieden sein mit so viel Willfährigkeit seines Parteifreundes Peter Altmaier, der als Wirtschaftsminister entgegen allen Warnungen für diese Portoerhöhungen den roten Teppich ausgerollt hat. Für die Zukunft brauchen wir dringend eine verbindliche Regelung, dass Portoerhöhungen nur noch dann genehmigt werden, wenn die zusätzlichen Einnahmen für bessere Arbeitsbedingungen und eine bessere Qualität bei der Zustellung verwendet werden", kommentiert Pascal Meiser die drastischen Portoerhöhungen bei der Deutschen Post zum 1. Juli.

Gerade erst hatte Meiser die Bundesregierung zur Qualität der Post- und Paketzustellung befragt. Es gibt aktuell in Deutschland inzwischen 61.052 gewerbliche Postdienstleister. Allerdings unterlassen „viele“ Postdienstleister, nach Abmeldung ihres Gewerbes auch die Bundesnetzagentur zu unterrichten - es kann also nicht mit Sicherheit gesagt werden, ob die tatsächliche Anzahl niedriger ist.

Die Anzahl der Beschwerden zum Service im Postbereich (Post-, Kurier-, Express- und Paketbereich) hat sich in den letzten zwanzig Jahren verfünfzigfacht - 250 im Jahr 1999; 12.615 in 2018. Die seit 2014 vorgenommene Differenzierung der Beschwerden in Bezug auf Briefe und Pakete zeigt eine Versechsfachung der Beschwerden im Bereich Brief (von 1.053 auf 6.434 Beschwerden) und eine Verachtfachung der Beschwerden im Bereich Paket (von 507 auf 4.289).

Seit 2014 liegen Zahlen über Beschwerden differenziert nach Bundesländern vor. Der Umfang der Beschwerden und damit mutmaßlich auch die Qualität des Service hat sich dabei in den Bundesländern seitdem sehr unterschiedlich entwickelt. Mit einem prozentualen Zuwachs von 53,7 Prozent stiegen die Beschwerden dabei in Hamburg am geringsten an. In Rheinland-Pfalz nahmen die Beschwerden prozentual mit einem Zuwachs von über 1.200 Prozent am stärksten zu.

Eine Ausweitung der Anzeigen- bzw. Lizenzpflicht nach § 5 Abs. 1 Postgesetz auf Kurierdienste hält die Bundesregierung nicht für sinnvoll, „eine Registrierungspflicht“ wird aber „Gegenstand der Überprüfung des postrechtlichen Rahmens" sein.


Pascal Meiser kommentiert die Antwort auf seine Anfrage wie folgt: "Die drastisch wachsenden Beschwerden stellen der Privatisierung des Postsektors ein miserables Zeugnis aus. Doch die Bundesregierung scheint die wachsende Unzufriedenheit mit der Qualität der Postdienstleistungen nicht wirklich ernst zu nehmen. Anders lässt sich ihre Untätigkeit in diesem Bereich kaum erklären.

Dabei ist es dringend geboten, die Bundesnetzagentur mit schärferen Kontroll- und Sanktionsinstrumenten auszustatten – sowohl gegenüber der den Briefmarkt beherrschenden Deutschen Post AG als auch gegenüber dem zunehmenden Wildwuchs auf dem deregulierten Paketmarkt.

Statt den Aktionären der Deutschen Post AG höhere Renditen zu garantieren, muss die Bundesregierung dafür sorgen, dass das Briefporto künftig nur noch in dem Umfang erhöht wird, in dem die zusätzlichen Einnahmen nachweislich für bessere Arbeitsbedingungen und eine bessere Qualität bei der Postzustellung verwendet werden.

Auch die angekündigte Nachunternehmerhaftung in der Paketbranche kann nur ein erster Schritt sein. Die Erlaubnis zur Paketzustellung muss darüber hinaus endlich an klar definierte Qualitätskriterien und das Vorliegen einer Lizenz geknüpft werden. Wer gegen geltendes Recht verstößt oder Qualitätskriterien bei der Paketzustellung nicht einhält, dem muss die Lizenz konsequent wieder entzogen werden.

Sollte sich herausstellen, dass das alles nicht fruchtet, dürfen wir auch nicht davor zurückschrecken darüber zu diskutieren, wie wir die Post wieder vollständig in öffentlicher Regie betreiben können."