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Alexis Tsipras spricht Tacheles mit Schäuble

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Am Montag traf Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) einen politischen Gegner. Sein Gast kam aus Griechenland, sein Name Alexis Tsipras, Vorsitzender der linken Partei Synaspismos und des griechischen Parteienbündnisses SYRIZA, das bei den griechischen Parlamentswahlen im Juni 2012 mit 26,9 Prozent zur zweitstärksten Kraft geworden war. SYRIZA, Schwesterorganisation der Partei DIE LINKE, lehnt das Griechenland von EU, IWF und Europäischer Zentralbank verordnete Spardiktat strikt ab, Schäuble ist ungeachtet aller fataler Folgen für Griechenland und Europa einer seiner uneinsichtigsten Vertreter.

Ein halbe Stunde dauerte das Treffen. Schäuble versuchte seinen Gast davon zu überzeugen, dass die gegen den Willen der griechischen Bevölkerung eingeschlagene Sparpolitik "alternativlos" sei. Viele international renommierte Ökonomen würden Schäuble da widersprechen. Und auch Alexis Tsipras mochte sich nicht auf das Spardiktat einschwören lassen. Tsipras warnte Schäuble, "dass Griechenland vor einer sozialen Katastrophe steht“. Das Programm der Troika sei an der Realität gescheitert. Ein weiterer Schuldenschnitt sei unausweichlich. Zudem wachse die Gefahr, dass mit zunehmenden sozialen Spannungen Neonazis Zulauf erhielten. In einem Interview mit dem Neuen Deutschland im Anschluss an das Gespräch mit Schäuble kritisierte Alexis Tsipras die Steuerpolitik. Sie besteuere Armut, lasse das Kapital aber ungeschoren. "Das Gefühl der sozialen Ungerechtigkeit im griechischen Volk wächst, weil die Steuern einseitig die Armen belasten. Die Wohlhabenden setzen aber weiterhin auf Steuerflucht bei Schweizer Banken", so Alexis Tsipras.

Dass Schäuble den griechischen Oppositionspolitiker überhaupt empfangen hat, muss allerdings als Erfolg für Tsipras gewertet werden. Bislang beschränkte sich die Bundesregierung auf Konsultationen mit der konservativen Regierung, die sich dem Spardiktat unterworfen hat.

Am Abend trat Alexis Tsipras im Kulturzentrum Faust in Hannover beim Fest der Solidarität auf. Wenige Tage vor der niedersächsischen Landtagswahl war das Haus mit mehr als 500 Menschen proppevoll. "Manche werden am kommenden Montag ihre Augen reiben", versprach er, "dann nämlich, wenn DIE LINKE als starke Kraft wieder in den niedersächsischen Landtag eingezogen sein wird. Für eine Stärke der Positionen, die die Sparpolitik der Troika grundlegend kritisiert, braucht es viele Stimmen für die LINKE überall.“

In einer stimmungsvollen Rede forderte er die Bundesregierung ein weiteres Mal dazu auf, endlich die Wahrheit zu sagen über die Folgen ihrer Politik. Die seien eine humanitäre Katastrophe, Verarmung und Verelendung großer Teile der Bevölkerung und das Anwachsen der faschistischen Bewegung – "das sind die Kinder der EU-Austeritätspolitik unter deutscher Anleitung!" Griechenland sei ein Versuchskaninchen für neoliberale Techniken. Das alles erweise sich bereits seit längerem als Bumerang, die Rezession werde in andere Länder exportiert, führte er weiter aus.

"Mit vereinten Kräften setzen wir ihrer Verarmungspolitik unsere Solidarität entgegen“, schloss Alexis Tsipras unter nicht enden wollendem Beifall.
 

linksfraktion.de, 15. Januar 2013