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»Agrarzuschüsse für Biobauern wurden gekürzt«

Im Wortlaut von Eva Bulling-Schröter,

Die ökologische Landwirtschaft wird klein gehalten. Umverteilung zur Förderung der Gentechnik. Ein Gespräch mit Eva Bulling-Schröter

Eva Bulling-Schröter ist umweltpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Die Linke und Landessprecherin der Linkspartei.PDS Bayern

Die Biobranche ist lange belächelt worden - inzwischen ist die Nachfrage nach »Lebensmitteln vom Biobauern« größer als das Angebot, es gibt akute Lieferengpässe, und Biokartoffeln sind ausverkauft. Inwiefern war das vorhersehbar?

Neben dem wachsenden Bewußtsein der Bevölkerung für Ernährung und ökologische Fragen haben auch die vielen Fleisch- und Lebensmittelskandale der letzten Jahre und der Leidensdruck durch Allergien dazu beigetragen, daß die Nachfrage gestiegen ist. Einige Discounter haben den Trend bemerkt und Bioprodukte in ihr Sortiment aufgenommen. Natürlich ist auch dadurch ein Engpaß entstanden, aber das wäre absehbar gewesen. Wir gehen davon aus, daß mittlerweile bis zu 40 Prozent der Verbraucher Interesse an Biolebensmitteln haben. In Bayern sind aber zum Beispiel nur vier Prozent der Landwirte Biobauern - das ist schon eine deutliche Diskrepanz.

Welche politischen Rahmenbedingungen könnten den konventionellen Landwirtschaftsbetrieben eine Umstellung erleichtern?

Wir brauchen eine vernünftige Förderung der ökologischen Landwirtschaft. Momentan wird aber genau an dieser Stelle gekürzt. Mit Zustimmung der Bundeskanzlerin Angela Merkel ist der deutsche Landwirtschaftsfonds der EU um zwei Milliarden Euro gekürzt worden - dadurch fallen auch die Komplementärfinanzierungen durch die Länder weg. Die Agrarzuschüsse für Biobauern wurden bereits gekürzt. In Bayern haben Umsteller und Neueinsteiger vorher 255 Euro Fördergeld pro Jahr und Hektar erhalten - jetzt sind es nur noch 190 Euro.

Galt die bayerische Förderung im Ländervergleich nicht als vorbildlich?

Bayern hatte zwar bisher die höchste Förderung, aber bayerische Landwirtschaft ist auch sehr kleinteilig. Für die Bauern ist es schwer, aus kleineren Flächen genügend Gewinn zu ziehen. Sogar bestehende Förderverträge wurden für das Jahr 2007 gekürzt. Die übliche Laufzeit beträgt fünf Jahre, und die betroffenen Bauern wissen noch gar nicht, ob ihnen weitere Kürzungen bevorstehen. Auch aus diesen Gründen sind Biokartoffeln momentan nicht lieferbar - das liegt nicht nur daran, wie die Ernte ausgefallen ist.

Warum sperren sich Unionspolitiker so vehement gegen eine Entwicklung, die im Grunde mit marktwirtschaftlichen Prinzipen kompatibel ist?

Ein Ministerpräsident wie Stoiber will auf Kosten der Nachhaltigkeit seinen Haushalt sanieren - gekürzt und gespart wird sowohl im öffentlichen Dienst als auch in der Landwirtschaft. Eine Prämie für Agrar-Umweltmanagement, die in Bayern bisher gezahlt wurde, wenn bestimmte ökologische Kriterien erfüllt waren, wurde ebenfalls gestrichen.

Kann der einzelne Landwirt überhaupt ökologische Kriterien erfüllen, wenn sein Grundstück in der Nähe einer Anbaufläche für genmanipulierte Pflanzen liegt, oder ist das Wort »ökologisch« dann ein falsches Versprechen?

Das ist zum Beispiel ein Standortvorteil von Österreich, das nicht nur die bessere Förderung für ökologischen Landbau bietet, sondern auch durch das Verbot von Gentechnik auf landwirtschaftlichen Nutzflächen der Verunreinigung durch Pollenflug Einhalt gebietet. Auskreuzung und Vermischung sind in direkter Nachbarschaft kaum vermeidbar. 70 Prozent der Verbraucher wollen aber keine Gentechnik in Lebensmitteln, weil die gesundheitlichen Risiken nicht ansatzweise erforscht sind.

Einer der Großabnehmer für Bioprodukte ist der Babykosthersteller Klaus Hipp - und der hat bereits angekündigt, seine Rohstoffe nur noch aus dem Ausland zu beziehen, wenn es in Deutschland zu einer weiteren Liberalisierung des Gentechnikgesetzes kommt. Und das steht weiterhin auf der Agenda des Bundeslandwirtschaftsministers Horst Seehofer. Deutschland verschläft hier ein wichtiges Marktsegment und verspielt zukunftsträchtige Arbeitsplätze. Österreich zum Beispiel verhält sich in diesem Punkt klüger und wird die Nische zu nutzen wissen.

Was sagen die betroffenen Biobauern aus Ihrer Region dazu?

Sie sehen, daß das eine Umverteilung zur Förderung der Gentechnik ist. Nicht nur die Landwirte, bei denen aktuell gekürzt wurde, sondern auch langjährige Biobauern sprechen sich gegen eine Kürzung der Fördermittel für Neueinsteiger und Umsteller aus.

junge Welt, 9. Januar 2007