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Ärzte wollen ein großes Stück vom kleinen Kuchen

Im Wortlaut von Harald Weinberg,

Kommentar

Von Harald Weinberg, für DIE LINKE Obmann im Gesundheitsausschuss des Bundestages

Mit 92,7 Prozent haben sich die im Marburger Bund organisierten Ärztinnen und Ärzte für einen Streik in den kommunalen Krankenhäusern ausgesprochen. Der Streik wird voraussichtlich am 26. Januar beginnen. Die Arbeitgeber hatten ihnen 1,48 Prozent für 16 Monate sowie 250 Euro Einmalzahlung angeboten. Der Marburger Bund forderte 6 Prozent plus eine neue Gehaltsstufe plus deutliche Verbesserungen im Bereitschaftsdienst, unter anderem eine Erhöhung des Stundenentgeltes von 25 Euro auf 29 Euro.

Es ist das gute Recht des Marburger Bundes, für den maximalen Tariferfolg zu kämpfen. Ein Fakt wird jedoch die Kliniken daran hindern, allzu großzügig zu sein: 2010 beschloss die Bundesregierung ein Spargesetz vor dem Hintergrund eines Milliarden-Defizits bei der Gesetzlichen Krankenversicherung. Auch die Krankenhäuser wurden für 2011 und auch für dieses Jahr um jeweils etwa 500 Millionen Euro kürzer gehalten. Eine Wirkung dieser Kürzungen ist, dass mehr als jedes fünfte Krankenhaus derzeit rote Zahlen schreibt. Bei den kommunalen Krankenhäusern, um die es bei diesem Streik geht, dürften es noch deutlich mehr Häuser in wirtschaftlichen Schwierigkeiten sein. Bei diesen Krankenhäusern ist also insgesamt nicht viel zu holen.

Nachdenklich macht mich allerdings folgendes: Den Kürzungen bei den Krankenhäusern zugestimmt hat im November 2010 der Vorsitzende des Marburger Bundes, Rudolf Henke. Sie lesen richtig: Derjenige, der für die tariflichen Verbesserungen der Ärztinnen und Ärzte kämpft, stimmte in seiner Funktion als CDU-Abgeordneter für eine Verschlechterung der finanziellen Spielräume der Krankenhäuser. Der Kuchen, der zu verteilen ist, wurde mit Hilfe des obersten Arbeiterführers der Ärzteschaft kleiner.

Sollte der Marburger Bund also dennoch dank seiner Durchsetzungskraft als Vertreter einer nicht unwichtigen Berufsgruppe an den Krankenhäusern erfolgreich sein, dann bliebe von dem kleinen Kuchen, den die Bundesregierung und Herr Henke den Krankenhäusern gelassen hat, kein Krümel übrig. Das ließe dann wiederum nichts Gutes für die bei ver.di organisierten übrigen Krankenhausbeschäftigten erahnen. Deren Tarifverhandlungen beginnen erst im März.

Ende 2011 gab es übrigens kein Milliardendefizit mehr bei der Gesetzlichen Krankenversicherung, sondern einen Milliardenüberschuss. Es gab auch den Vorschlag, in einem laufenden Gesetzgebungsverfahren die Kürzungen bei den Kliniken zurückzunehmen. Aber die schwarz-gelbe Koalition nutzte diese Chance für die Krankenhäuser nicht.
DIE LINKE war und ist gegen diese Kürzungen, weil sich damit niedrige Löhne und schlechte Arbeitsbedingungen legitimieren lassen. Wir wollen eine gerechte Entlohnung für alle an den Krankenhäusern Beschäftigten.

linksfraktion.de, 11. Januar 2012