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35.000 Menschen von Neonazis auf Feindeslisten gesetzt

Nachricht von Martina Renner,

Auch nach dem Urteil im NSU-Prozess wird sich bei den Sicherheitsbehörden wenig ändern, wenn es um den Schutz von potentiellen Anschlagsopfern vor Rechtsterrorismus geht. Dieses Bild ergibt sich aus der Antwort der Bundesregierung (PDF) auf eine Kleine Anfrage von Martina Renner. Sie hatte danach gefragt, wie viele Menschen auf sogenannten Feindeslisten von Neonazis standen und ob die Betroffenen darüber informiert wurden. "Das Ergebnis ist höchst besorgniserregend“, erklärt die Sprecherin für antifaschistische Politik in der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag. "Seit dem Jahr 2011, in dem der NSU-Rechtsterror aufflog, wurden bei Rechtsterroristen und weiteren Rechtsextremisten mehrere Listen mit insgesamt 35.000 Namen und Adressen beschlagnahmt und gerade einmal drei Betroffene von den Bundesbehörden informiert."

Beim "Nationalsozialistischen Untergrund" waren es über zehntausend Notizen und im Zuge der Ermittlungen gegen die extrem rechte Prepper-Gruppierung "Nordkreuz" wurden 25.000 Personenvermerke gefunden. Bei Durchsuchungen gegen die Rechtsextremisten Franco A., Maximilian T. und Mathias F. wegen des Verdachts einer schweren staatsgefährdenden Straftat, fanden die Ermittler im April und Mai 2017 neben Waffen, Munition und Sprengkörpern auch Listen mit insgesamt 32 Namen von Politikerinnen und Politikern wie Bodo Ramelow Ministerpräsident von Thüringen (DIE LINKE) und Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Bündnis 90/DIE GRÜNEN). Außerdem habe Franco A. das Büro der Amadeu Antonio Stiftung ausgespäht und Skizzen der Räumlichkeiten angefertigt.

Bundesregierung ignoriert Bedrohung durch Rechtsterror

"Vor diesem Hintergrund ist es völlig irrwitzig, wenn der Generalbundesanwalt Terrorverfahren führt, aber die gefährdeten Personen letztlich nicht vom Bundeskriminalamt selbst informiert werden", sagt Martina Renner. "Die Bundesregierung ignoriert schlichtweg die rechtsterroristische Gefahr." Anders sei es nicht zu erklären, dass das Bundeskriminalamt von mehreren zehntausend Betroffenen nicht mal eine Handvoll informiert und sich sonst zu dieser Bedrohung ausschweigt. Auch eine zentrale Erfassung solcher Feindeslisten sei weder gängige Praxis noch in Planung. "Hier sind die Sicherheitsbehörden am Zug, die Menschen endlich zuverlässig zu warnen. Man stelle sich vor, auf solch einer Liste zu stehen und im Unklaren gelassen zu werden", fordert Renner.

"Ich erinnere daran, dass der NSU zehn Menschen ermordet und mehrere Opfer durch Bomben verletzt hat. Spätestens seit dem Auffliegen des NSU-Netzwerks müssten beschlagnahmte Feindeslisten zentral erfasst werden. Rechte Morde und Anschläge sind eine ganz reale Bedrohung. Das Prinzip Aussitzen darf nicht länger geduldet werden. Denn viele Menschen leben nicht erst nach dem NSU-Rechtsterror in Angst vor Angriffen und Anschlägen."