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Mutloser BGH verpasst historische Chance beim Opferschutz vor Kriegsverbrechen

Pressemitteilung von Wolfgang Neskovic,

Zum heutigen Urteil des BGH (Az. III ZR 190/05) zur Klage von 35 Bürgern Ex-Jugoslawiens gegen die Bundesrepublik Deutschland auf Schmerzensgeld für die Tötung ihrer Angehörigen durch einen Luftangriff der NATO auf eine Brücke in Serbien 1999 erklärt der ehemalige Bundesrichter und rechtspolitische Sprecher der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag, Wolfgang Neškoviæ:

Das Urteil ist in der Begründung mutlos und in rechtspolitischer Hinsicht ohne Folgewirkungen. Trotz Hilfestellung des OLG Köln in der Vorinstanz hat der BGH die historische Chance verpasst, die rasante Entwicklung des Völkerrechts seit Ende des Zweiten Weltkrieges hin zu einem humanitären Kriegsvölkerrecht mit individuellem Menschenrechtsschutz, die im Strafrecht zur Einrichtung des Internationalen Strafgerichtshofs in Rom geführt hat, nun auch im Zivilrecht zu vollziehen. Die prinzipielle Anerkennung individueller Schadenersatzansprüche gegen Staaten für Kriegsverbrechen hätte eine enorme präventive Wirkung entfaltet, sich nicht an völkerrechtswidrigen Kriegen zu beteiligen. Stattdessen verharrt der BGH auf dem längst überwundenen Stand des archaischen Kriegsvölkerrechts, das als Rechtssubjekte nur die Krieg führenden Staaten kannte.

In dieses traurige Bild passt es, dass der BGH auch bei der Frage, ob die Bundesrepublik aus Amtshaftung Schadensersatz für militärische Kriegshandlungen der Bundeswehr im Ausland schulden kann, gekniffen hat. Alles in allem muss das Fazit zum Karlsruher Urteil deshalb lauten: Im Westen leider nichts Neues!