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Führerscheinentzug: Koalition auf Abwegen

Pressemitteilung von Halina Wawzyniak,

„Das Vorhaben der Fraktionsvorstände von Union und SPD, bei einigen Straftaten wie Steuerdelikten und Ladendiebstählen als Hauptstrafe den Führerschein zu entziehen, sollte schnellstmöglich in den Papierkorb wandern und dort bleiben. Einen solchen Blödsinn kann nur verzapfen, wer keine Ahnung von Sinn und Zweck des Strafrechts hat. Die Schuld des/der Täters/Täterin ist Grundlage der Strafe, deshalb kann ein Fahrverbot eben gerade nur für Straftaten im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder bei Straftaten unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers verhängt werden“, erklärt die rechtspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Halina Wawzyniak, zur Einigung der Koalitionsspitzen. „Wer mit dem Führerscheinverbot anfängt, hört möglicherweise erst mit dem Fahrradverbot oder einem Verbot auf, das Internet zu nutzen.“ Wawzyniak weiter:

„Dass dieses Vorhaben schon im Koalitionsvertrag stand, macht es nicht richtiger und räumt schon gleich gar nicht die erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken aus. Die Begründung für die Hauptstrafe Führerscheinentzug, die Strafe müsse ein „fühlbares Übel“ darstellen, ist ein Einstieg in ein individualisiertes Strafrecht, das die Strafe im negativen Sinne von den persönlichen Lebensumständen der Betroffenen abhängig macht. Denn nicht jede und jeder hat einen Führerschein. Den einen kann nach einer Straftat dieser entzogen werden, den anderen nicht. Letztere müssten weiterhin mit Freiheitsentzug und Geldstrafe rechnen. Gutverdienende Straftäter/innen können sich zudem im Zweifelsfall chauffieren lassen. Der Führerscheinentzug bedeutet am Ende überhaupt keine Strafe für sie. Der Vorschlag ignoriert die unterschiedliche strukturelle Entwicklung von Stadt und Land. Für Verurteilte in Großstädten mit einem dichten Öffentlichen Personennahverkehrsnetz wäre ein Führerscheinentzug verkraftbar. Wer auf dem Land mit einer schlechten öffentlichen Verkehrsanbindung dazu verurteilt würde, sähe sich im Zweifelsfall von der Erwerbsarbeit abgekoppelt.

Der Vorschlag verkennt, dass bereits jetzt in erheblichem Umfang Geldstrafen verhängt werden können. Schon jetzt orientiert sich die Höhe des Tagessatzes bei der Geldstrafe am Nettoverdienst. Er kann auf höchstens 30.000 EUR pro Tag festgesetzt werden. Bei einem Höchststrafmaß von 360 Tagen kann es also theoretisch zu einer Geldstrafe von 10,8 Mio EUR kommen. Wenn dies für jemanden kein empfindliches Übel darstellt, dann wird auch ein Führerscheinentzug kein empfindliches Übel sein. Wer hingegen kein Vermögen besitzt muss schon jetzt damit rechnen, eine Ersatzfreiheitsstrafe antreten zu müssen. Schon das ist eine erhebliche Ungleichbehandlung. Statt über Fahrverbote nachzudenken sollten Alternativen zur Ersatzfreiheitsstrafe wie zum Beispiel das Ableisten gemeinnütziger Arbeit erwogen werden.“