Zur Ankündigung des russischen Präsidenten, die Umsetzung der Bestimmungen des KSE-Vertrags auszusetzen, erklärt Paul Schäfer, abrüstungspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE.:
Nun ist es leider so weit: Die Bundesregierung bekommt die Rechnung für ihr Desinteresse an effektiver Abrüstung in Europa präsentiert. Dass der russische Präsident ankündigt, den KSE-Vertrag auszusetzen und eventuell sogar aufzukündigen, ist ein schwerer Schlag für die Abrüstungsbemühungen. Der KSE-Vertrag galt zu Recht als Eckpfeiler der europäischen Sicherheit - weniger wegen der vereinbarten Obergrenzen für Waffensysteme als wegen der umfassenden Transparenz, die er bei der Stationierung und Verlegung von Soldaten herstellt.Schon lange klagt die russische Regierung darüber, dass die NATO das Anpassungsabkommen zum KSE-Vertrag nicht ratifiziert. Auch ihre Vorbehalte gegen den geplanten US-Raketenschirm und gegen die Stationierung von US-Eingreiftruppen in Bulgarien und Rumänien sind nicht erst seit gestern bekannt. Die Bundesregierung aber blieb passiv, statt eine Moderatorenrolle zu übernehmen.
Wenn Außenminister Steinmeier erst jetzt erkennt, dass der Raketenschirm auch bestehende Abrüstungsverträge bedroht, ist das ein Armutszeugnis für die präventive Rüstungskontrollpolitik der Bundesregierung. Erfolgreiche Abrüstung basiert auf gegenseitigem Vertrauen durch Transparenz und Sicherheitsgarantien sowie die Rücksicht auf die jeweiligen elementaren Sicherheitsinteressen. Zu lange wurden russische Bedenken, dass die militärische Infrastruktur der NATO immer näher an die russische Grenze rückt, ignoriert.
Die Pläne der USA für die Stationierung von Raketensystemen und Eingreiftruppen in Osteuropa zeigen, wie dringend notwendig neue Abrüstungskonzepte sind, die präventive Rüstungskontrolle und Stationierungsbeschränkungen einschließen. Die Fraktion DIE LINKE. sieht die Bundesregierung in der Pflicht, auf die Entwicklung solcher Konzepte zu drängen und in diesem Prozess endlich eine aktive Rolle zu übernehmen.
Außerdem muss die Bundesregierung darauf hinwirken, dass die OSZE wieder als zentrales Forum für Abrüstungsbemühungen in den Mittelpunkt gerückt wird. Die OSZE wäre der geeignete Rahmen, über qualitative Abrüstung sowie über Alternativen zur Stationierung eines Raketenabwehrsystems in Europa unter Wahrung der Sicherheitsinteressen der OSZE-Staaten zu verhandeln