Zum Hauptinhalt springen

Bolkestein-Kompromiss verteidigen reicht nicht

Pressemitteilung von Ulla Lötzer,

Zum Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der 25 EU-Mitgliedstaaten erklärt Ulla Lötzer, Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. für internationale Wirtschaftspolitik und Globalisierung:

Die EU-Staats- und Regierungschefs diskutieren auf ihrem Brüsseler Gipfel auch den Kompromissbeschluss des Europäischen Parlaments zur EU-Dienstleistungsrichtlinie. Dabei wird die Haltung der Bundesregierung umso wichtiger, als sich die Außenminister in Vorbereitung der Abschlusserklärung des europäischen Rates nicht einmal auf die Positionen des europäischen Parlaments einigen konnten. Wer in Brüssel nur den Kompromiss verteidigt, statt klare Position für eine nachhaltige Veränderung im Interesse der Verbraucherrechte, sozialer und ökologischer Standards wie auch der kleinen und mittleren Unternehmen zu beziehen, wird zu verantworten haben, dass der Rat noch hinter dem Kompromiss des EP zurückbleibt.

Doch die Bundesregierung spielt die Gefahren der Bolkestein-Richtlinie systematisch herunter. Zwar erkennt sie an, dass die Richtlinie zu einer eklatanten Ungleichbehandlung von niedergelassenen und grenzüberschreitenden Dienstleistern führt, weil gegenüber grenzüberschreitenden Dienstleistern nur "diejenigen nationalen Auflagen und Anforderungen zu erhalten, die diskriminierungsfrei, aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit oder zum Schutz der Gesundheit und der Umwelt gerechtfertigt sowie verhältnismäßig sind". (Antwort auf die Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. Drucksache 16/863). Doch die Folgen werden ignoriert: Zum einen werden inländische Dienstleister vom Markt verdrängt. Zum anderen wird der Druck enorm werden, im Namen der Wettbewerbsfähigkeit Auflagen für Dienstleistungen generell zu senken. Offensichtlich will die Bundesregierung das, entgegen ihrer Beteuerung, dass sie für die Wahrung hoher Standards sei.

Auch für Löhne und Arbeitsbedingungen sieht die Bundesregierung keinerlei Gefahr durch eine Forcierung des freien Dienstleistungsverkehrs mit der Richtlinie. Sie erklärt es für ausreichend, sich "dafür einzusetzen, dass die sozialen Schutzstandards - auch im Arbeits- und Entsenderecht - in Deutschland erhalten bleiben." Offensichtlich will sie noch nicht mal ihre nationalen Hausaufgaben machen, um die Spirale des Wettlaufs um die niedrigsten Löhne und die schlechtesten Arbeitsbedingungen im grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr zu stoppen. Denn eine Erhaltung des Status Quo der sozialen Schutzstandards reicht nicht. Weil das Entsendegesetz nur gesetzliche Bedingungen schützt, sind ein gesetzlicher Mindestlohn, eine Ausweitung des Entsendgesetzes auf alle Branchen und umfassend die tarifvertraglichen Leistungen, eine Ausweitung der Allgemeinverbindlichkeit und die Einbeziehung Selbstständiger unerlässlich. Stattdessen setzt die Bundesregierung auf die Einschränkung der Tarifautonomie und die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen durch den freien Dienstleistungsverkehr, um so die Position deutscher Dienstleister auf dem europäischen Markt zu verbessern. Das ist unverantwortlich.