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Zur Verlängerung der Militärmissionen UNMIS und UNAMID

Rede von Norman Paech,

Plenarrede, 16. September 2008

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt Debatten, die zur Routine werden, obwohl sich der Gegenstand und die Natur der Konflikte, um die es dabei geht, dazu eigentlich gar nicht eignen. Dies sind alljährlich die Debatten um die Auslandseinsätze der Bundeswehr. Sie enden immer mit dem gleichen Ergebnis, nämlich mit der Verlängerung des Mandats.

(Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie reden immer die gleiche Rede!)

Warum ist das eigentlich so? Sie fangen an mit den politischen Problemen und der Forderung nach politischen Lösungen, aber sie enden immer mit dem Militär, weil Sie offensichtlich der Meinung sind, dass in den schwierigsten Konflikten die Hilfe letzten Endes doch nur vom Militär kommen kann. Das ist aber vollkommen falsch. Alle Militäreinsätze rund um die Welt haben gezeigt, dass dies vollkommen falsch ist.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))

Nehmen wir den Südsudan.

(Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Besonders im Südsudan!)

Im Südsudan haben die 8 000 Soldaten der UNMIS nicht verhindern können, dass im Mai dieses Jahres wieder heftige Auseinandersetzungen militärischer Art zwischen den Regierungstruppen und der SPLA ausgebrochen sind und die Stadt Abyei in Schutt und Asche gelegt haben. Über 50 000 Menschen sind auf der Flucht. In Abyei wird um den Grenzverlauf zwischen Nord und Süd gestritten, also darüber, wer die größten bekannten Ölvorkommen dieses Landes im Jahr 2011 erhalten wird, wenn sich der Süden vom Norden trennen wird.

Gegenwärtig bohren die Chinesen dort. Im Sudan ist es jedoch ein offenes Geheimnis, dass die US-Firmen an dieselben Quellen wollen. So, wie die Chinesen derzeit die sudanesische Regierung ausrüsten, so rüsten die USA die SPLA mit Waffen auf.

Wir müssen erkennen, dass dies schon lange nicht mehr bloß ein interner Konflikt ist, sondern ein Stellvertreterkrieg um die Ressourcen dieses Landes.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos) ‑ Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Also nichts wie weg!)

Der vorliegende Antrag berücksichtigt aber weder diese Dimension des Konflikts noch enthält er überhaupt eine einzige Maßnahme zur politischen Unterstützung des Friedensprozesses. Er beschränkt sich lediglich auf die Verlängerung des Mandats des Militäreinsatzes. Das ist vollkommen unzureichend. Deshalb wird er auch nicht die Zustimmung der Linken erhalten.

Auch der Antrag zur Verlängerung der Militärmission UNAMID in Darfur kommt ohne jedes politisches Konzept daher. Aber gerade in Darfur ‑ das haben Sie alle gesagt ‑ist nichts dringender als eine politische Lösung. Bereits die Afrikanische Union ist mit ihrem Militäreinsatz AMIS gescheitert; denn das Friedensabkommen vom 5. Mai 2006 hat schon lange keinen Bestand mehr. Es ist aber immer noch die Grundlage auch für UNAMID.

Eine Wiederaufnahme der Friedensverhandlungen ist überhaupt nicht in Sicht. Das räumt die Bundesregierung in ihrem Antrag auch ein. Sie setzt aber nichts dagegen.

UNAMID ‑ wenn wir aufrichtig sind ‑ bewegt sich in einem politischen Vakuum und ist nur eine Fortsetzung der gescheiterten AMIS-Mission, dieses Mal unter dem gemeinsamen Dach von UNO und Afrikanischer Union.

Es ist diesen Truppen weder gelungen, die Menschen in Darfur zu schützen noch eine Abkehr von der Gewalt zu bewirken und eine Rückkehr an den Verhandlungstisch zu erreichen. Stattdessen hat sich die Situation in Darfur weiter kontinuierlich verschlechtert. Das hat Frau Schuster ebenfalls gesagt. Mittlerweile ist der Konflikt so atomisiert, dass selbst eine verhandlungsbereite Regierung nicht wüßte, mit wem sie eigentlich an den Verhandlungstisch treten sollte, um ein Friedensabkommen abzuschließen.

Die Truppen der UNAMID sind inzwischen selbst Ziele der Angriffe geworden, und zwar nicht zuletzt deshalb, weil beide Konfliktparteien kein Vertrauen in diese Truppen mehr haben.

Ich sage Ihnen: Den Menschen in Darfur und auch den Tausenden, die in den Tschad geflohen sind, wird UNAMID nicht helfen. Nur eine Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen kann dem Land eine sichere Zukunft geben. Meine Fraktion fordert die Bundesregierung auf, sich im Rahmen der UNO für diesen Friedensprozess zu engagieren. Immer mehr Militär ist keine Lösung. Deswegen lehnen wir diesen Antrag auch ab.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos) ‑ Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aber nicht alle bei Ihnen, Herr Kollege! Das wissen Sie doch! Da gibt es noch ein paar Vernünftige, die sich enthalten werden!)