Zum Hauptinhalt springen

Zur Lage in Afghanistan und Beurteilung des ISAF-Einsatzes

Rede von Wolfgang Gehrcke,

Rede zu Anträgen von SPD und Bündnis90/Die Grünen


Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE):
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man kann feststellen, dass die Tonalität der Debatten hier im Plenum anders geworden ist, dass eine größere Nachdenklichkeit eingezogen ist das kann ich nur begrüßen und dass etwas mehr geprüft wird,
(Karl-Georg Wellmann (CDU/CSU): Bei Ihnen dann auch?)
welche Grundlagen wir uns als Parlament wirklich verschaffen können. Sie brauchen keine Angst zu haben, dass sich das Parlament anmaßt, etwas zu übernehmen, das die Regierung leisten müsste. Das Parlament muss aber in die Lage versetzt werden, seine Rechte wahrzunehmen.
Wir hatten im Auswärtigen Ausschuss vorgeschlagen, dass der Außenminister bis zum Ende des Jahres eine Bilanz vorlegt. Ich finde den Vorschlag von SPD und Grünen, eine Überprüfungskommission einzusetzen, entschieden besser, weil dadurch das Parlament der Akteur wird und wir dann hier entscheiden, was passiert. Das finde ich außerordentlich vernünftig.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Sehen Sie, Herr Kiesewetter! Ein paar Ihrer Argumente ziehen einfach nicht; sie tragen nicht. Wir können doch nicht fortwährend Soldaten in solche Einsätze schicken und gleichzeitig sagen: Ob die Einsätze erfolgreich und richtig sind, klären wir später. Entweder das eine oder das andere. Ich finde, es ist höchste Zeit, dass dem Deutschen Bundestag eine solche kritische Bilanz vorgelegt wird, die er selber miterarbeitet und im Zuge dessen dann darüber vor allen Dingen mit Nichtregierungsorganisationen debattiert.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich lese, was beispielsweise VENRO und medico schreiben; diese teilen auch nicht immer die Positionen der Linken. Ich habe auch das neue Buch von Frau Käßmann mit außerordentlichem Interesse gelesen. Ich möchte, dass solche Positionen in eine gründliche Bewertung miteinfließen.
Ich will Ihnen ehrlich sagen man soll sich ja immer eine Option offenhalten : Ich denke seit längerer Zeit darüber nach, ob das Parlament nicht erstmalig von § 8 des Parlamentsbeteiligungsgesetzes Gebrauch machen und sich anmaßen sollte, was ihm zusteht, nämlich zu prüfen, ob es notwendig ist, die Bundeswehrtruppen zurückzuholen, weil das bisherige Mandat nicht mehr den Einsatz in Afghanistan abdeckt. Meine Auffassung ist, dass das ISAF-Mandat nicht mehr die neue Strategie in Afghanistan abdeckt. Wenn das der Fall ist, dann hat der Bundestag das Recht und, wie ich meine, auch die Pflicht, einen Rückholantrag gemäß § 8 zu stellen. Das hätte eine interessante juristische und politische Debatte zur Folge.
(Beifall bei der LINKEN)
Mir geht es um politische Bewegung.
Ich kann das, was ich für Afghanistan möchte, relativ einfach in ein, zwei Sätzen auf den Punkt bringen. Ich bitte darum, sich gegenseitig Zweifel zuzugestehen. Keiner von uns wird garantieren können, dass Frieden und Stabilität in Afghanistan einziehen, wenn das, was er sich selber vorstellt, gemacht wird. Aber sicher ist: Wenn man in der Sackgasse ist, hat es keinen Sinn, einfach die Losung „Weiter so“ auszugeben. Vielmehr muss man sich dann zurückbewegen und neue Überlegungen anstellen.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Ich möchte gern, dass darüber nachgedacht wird, wie wir dafür sorgen können, dass das sinnlose Töten und Morden in Afghanistan und nicht nur dort endlich aufhören, dass keine Bundeswehrsoldaten mehr ihre Gesundheit oder ihr Leben in einem solchen Krieg riskieren und dass die Menschen in Afghanistan, soweit es überhaupt möglich ist, in Sicherheit leben können. Das ist das, was wir erreichen müssen. In diese Richtung müssen wir Überlegungen anstellen. Dazu brauchen wir eine politische Grundlage hier. Wir müssen kritisch all das überprüfen, was bisher gemacht worden ist. Wenn das geschehen ist, kommt man zu einem Urteil. Man muss die Courage haben, die Konsequenzen aus diesem Urteil zu ziehen. Ich finde, das sollte der Bundestag machen.
Ich bedauere, dass die SPD beim Schreiben ihrer Anträge darin steht durchaus Vernünftiges geschrieben immer auf einem Auge blind ist. Reden Sie nicht von interfraktionellen Anträgen, wenn eine wirkliche interfraktionelle Zusammenarbeit zwar möglich wäre, Sie sie aber nur aus ideologischen und Konkurrenzgründen nicht eingehen. Sie verbauen sich selber Zugänge.
Zum Schluss. Ich will Sie gern noch dazu auffordern, das vorliegende Friedensgutachten 2010 zu lesen. Man kann dem Gutachten der Friedensforschungsinstitute eine ganze Menge neuer Ideen für Afghanistan entnehmen. Wir werden sehen, was sich in den Ausschüssen durchsetzt.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)