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Zur Erweiterung des Einsatzgebiets der Mission ATALANTA vor Somalia

Rede von Norman Paech,

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Um gleich zu Beginn keinen Zweifel aufkommen zu lassen: Die Sicherheit des Schiffverkehrs auf allen Meeren muss garantiert werden, und es darf keinen Raum für Piraterie geben.

(Beifall des Abg. Klaus Brähmig (CDU/CSU))

Die völkerrechtlichen Grundlagen dafür sind ganz eindeutig. Nach deutschem Recht ist das aber Sache der Polizei,

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

und die Verfassung verbietet es, dass diese Aufgabe der Bundeswehr übertragen wird.

(Beifall bei der LINKEN - Birgit Homburger (FDP): Aber nicht vor Somalia!)

Deswegen hat die Linke von Anfang an den Einsatz der Bundesmarine vor Somalia abgelehnt. Dabei bleiben wir auch jetzt.

Es gibt aber auch gravierende politische Einwände gegen die unkoordinierte Ansammlung von Schiffen aus aller Herren Länder im Indischen Ozean, um die Piraterie zu bekämpfen. Diese Einwände sind auch nicht durch eine bessere Koordinierung zu beseitigen. Im Wesentlichen wird, wie Herr Annen gesagt hat, nur an Symptomen kuriert. Im Grunde ‑ hier bin ich mit Frau Homburger völlig einer Meinung ‑ ist das auch nicht das, was dort gebraucht wird.

Ich gebe Ihnen recht: Das sichere Geleit der Schiffe des Welternährungsprogramms und der sichere Konvoi manch anderer Frachter sind Erfolge.

(Gabriele Groneberg (SPD): Na also!)

Das sind aber auch die einzigen Erfolge der gesamten Operation. Die Piraten sind viel erfolgreicher. Sie konnten nicht nur die Zahl ihrer Angriffe und ihre Erfolgsrate erhöhen, sondern auch ihr Einsatzgebiet enorm erweitern. Die UNO spricht von einem Anstieg um über 600 Prozent gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum. Jetzt wollen Sie mit dem neuen Mandat das Operationsgebiet der Fregatten ausweiten. Glauben Sie eigentlich, dass Sie die Piraten auf 5 Millionen Quadratkilometern besser bekämpfen können als auf 3,5 Millionen Quadratkilometern, obwohl Sie sie nicht einmal auf den bisherigen 3,5 Millionen Quadratkilometern in den Griff bekommen haben?

(Beifall bei der LINKEN)

Ich gebe zu bedenken: Mit jedem neuen Mandat weitet sich der Konflikt aus; Frau Homburger hat die weitere Perspektive bereits aufgezeigt. Zuletzt ‑ auch das hat sie deutlich gemacht ‑ haben die Piraten bei Oman, weit von der somalischen Küste entfernt, zugeschlagen. Es besteht die Gefahr, dass die Situation eskaliert und sich die Konflikte immer weiter ausdehnen.

Ich will Ihnen sagen, worum es eigentlich geht. Vor den Seychellen gibt es reiche Thunfischbestände, die das Ziel internationaler Fischfangflotten sind. Diese Flotten sollen geschützt werden. Frankreich, Spanien, Südkorea und andere Länder betreiben dort in großem Maßstab Fischfang. Die US-Investmentfirma Lehman Brothers war dort an einer der größten Fischfabriken der Welt beteiligt. All das können Sie auf der Homepage des Auswärtigen Amtes nachlesen.

Bereits im März dieses Jahres haben spanische Fischer den militärischen Schutz ihrer Fangflotte angefordert, während Spanien und Korea vom somalischen Parlament gerade der illegalen Fischerei beschuldigt werden. Es ist doch zynisch: Die Geberkonferenz für Somalia hat 213 Millionen Euro für den Aufbau von Sicherheitsstrukturen zugesagt. Gleichzeitig verliert Somalia nach Angaben der UNO jährlich 300 Millionen US-Dollar durch die illegale Fischerei, die immer noch anhält. Was macht die EU dagegen? Sie sendet „Atalanta“.

Eine unserer dringendsten Forderungen lautet: Stoppen Sie die illegale Fischerei vor der Küste Ostafrikas

(Beifall bei der LINKEN)

und das illegale Mülldumping gleich mit! Denn beides zerstört die Lebensgrundlagen der Küstenbevölkerung und treibt sie geradezu in die Piraterie. Schaffen Sie für die Jugend Somalias legale Einnahmequellen, und stärken Sie die regionale Fischerei! Nur so lässt sich das Übel der Piraterie an seiner Wurzel bekämpfen.

Darüber hinaus fordern wir nach wie vor den Aufbau einer UN-geführten Küstenwache der Anrainerstaaten, die von der Bundesrepublik ausgerüstet werden und an der sich die Bundespolizei beteiligen kann. Das geht zwar nicht so schnell wie die Entsendung von Fregatten, ist aber viel sinnvoller, wenn es darum geht, den Zugang der Piraten zum Meer zu unterbinden.

Zum Schluss. Somalia braucht Stabilität und eine nachhaltige Entwicklung. Dazu gehören eigene Sicherheitsstrukturen und ein eigener Küstenschutz. Statt dort Konvoi zu fahren, sollten vordringlich diese Strukturen aufgebaut werden. Das Abkommen von Djibouti vom Januar dieses Jahres, mit dem sich neun Staaten der Region zu konkreten gemeinsamen Schritten bei der Bekämpfung der Piraterie verpflichtet haben, ist dabei ein wichtiger Schritt. Jetzt muss es umgesetzt werden. Hierfür sollte die Bundesregierung Geld zur Verfügung stellen und Unterstützung leisten.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))