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Zu Protokoll gegebene Rede

Rede von Amira Mohamed Ali,

Außergerichtliche Streitbeilegung mittels Schlichtung spart viel Zeit, Geld und Nerven im Vergleich zu ordentlichen Gerichtsverfahren. Für Verbraucherinnen und Verbraucher kann Schlichtung daher eine gute Möglichkeit sein, zu ihrem Recht zu kommen.

Der Gesetzentwurf zur Änderung von Vorschriften über die außergerichtliche Streitbeilegung in Verbrauchersachen, worüber wir heute sprechen, stärkt die Verbraucherschlichtung und ist aus Sicht der Linken daher grundsätzlich zu begrüßen. Allerdings gibt es noch Verbesserungsbedarf.

Ich möchte auf zwei Kernpunkte dieser Reform näher eingehen:

Das erste Hauptanliegen sind die sogenannten „Universalschlichtungsstellen“. Dies sind ergänzende Streitbeilegungsstellen für Verfahren zwischen Verbrauchern und Unternehmen, die subsidiär zuständig sind. Das heißt, sie sind nur dann für einen Verbraucherfall zuständig, wenn keine besondere, branchenspezifische Schlichtungsstelle anrufbar ist.

Das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz von 2016 sieht vor, dass die Länder die Einrichtung solcher Stellen übernehmen, mit dem Ziel, neben dem normalen Gang zum Gericht einen flächendeckenden Zugang von Verbrauchern zu anerkannten Streitbeilegungsstellen zu gewährleisten. Die Länder haben jedoch bislang von dieser Aufgabe abgesehen. Das liegt hauptsächlich daran, dass dasselbe Gesetz die bundesweit tätige Allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle des Zentrums für Schlichtung e. V. in Kehl eingerichtet hat.

Mit der heute diskutierten Reform soll die Aufgabe zur Errichtung dieser ergänzenden Verbraucherschlichtung für die Länder wegfallen. Der Bund übernimmt damit dauerhaft die Aufgabe zur Errichtung und Finanzierung der Universalschlichtung für das gesamte Bundesgebiet.

Dies ist für die Verbraucherinnen und Verbraucher ein Schritt in die richtige Richtung. Denn hiermit wird ein für Verbraucher höchst verwirrendes und unübersichtliches Szenario, in dem 16 parallel tätige Länderschlichtungsstellen arbeiten, vermieden. Dies begrüßen wir als Linke ausdrücklich.

Jedoch lässt diese Reform ein bedeutsames Hindernis außer Acht: die fachliche Gliederung der Schlichtungsstellen. Aktuell sind in Deutschland 27 verschiedene Schlichtungsstellen aktiv; allein für den Finanzsektor sind es gleich 8! Die schwierige Klärung der zuständigen Schlichtungsstelle ist eine nicht zumutbare Hürde und macht die außergerichtliche Beilegung von Verbraucherverfahren insgesamt unnötig schwierig – obwohl der Bedarf wächst und die Gerichte endlich eine Entlastung brauchen!

Die Linke sieht deshalb Verbesserungsbedarf in diesem Gesetzentwurf. Wir fordern, dass pro Wirtschaftssektor eine zentrale Beratungsstelle eingerichtet wird, die die Verbraucherinnen und Verbraucher an die zuständige Schlichtungsstelle verweist, zum Beispiel eine Stelle für den Bankensektor, eine für den gesamten Transportsektor, eine für Telekom. Nur so wird für Verbraucher wirklich spürbare Transparenz und Klarheit geschaffen!

Das zweite Hauptanliegen dieser Reform ist, die Universalschlichtungsstelle des Bundes auch für Schadenersatzstreitigkeiten im Nachgang einer Musterfeststellungsklage zuständig zu machen. Ich erinnere daran, dass einzelne Verbraucher nach Abschluss einer Musterfeststellungsklage, zum Beispiel bei der Klage, die gerade vom vzbv und ADAC gegen Volkswagen läuft, individuelle Schadenersatzansprüche noch vor einem Gericht geltend machen müssen. Dass das so ist, liegt am Versagen der Bundesregierung. Die Linke hat von Anfang an gefordert, dass eine Klagemöglichkeit geschaffen wird, aus der die Betroffenen gleich entschädigt werden – nur das ist effektiver Rechtsschutz.

Dieses Versäumnis soll nun mit der Schlichtungsstelle geheilt werden. Ich muss hier einräumen, dass die Bundesregierung wenigstens versucht, eine Lösung zu finden. Gelungen ist es allerdings nicht, denn die Konzerne, die bei der Musterfeststellungsklage unterliegen, müssen sich an keiner Schlichtung beteiligen. Sie können auch darauf bestehen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher den erneuten Klageweg wählen müssen. Das Problem, das Sie, Kolleginnen und Kollegen von der Bundesregierung, durch Ihre Musterfeststellungsklage geschaffen haben, wird also nicht gelöst. Wir Linken sagen, Konzerne, die eine Musterfeststellungsklage verloren haben, sollten sich einem Schlichtungsverfahren unterwerfen müssen!

Daher verpasst der Gesetzentwurf leider mehrere Chancen, für guten und effektiven Verbraucherschutz zu sorgen. Die Linke wird sich für die genannten Verbesserungen einsetzen.